Kira putzt allein

19. Jan. 2024
Wettertechnisch passt dieser regnerische Herbsttag schon mal bestens, um dem Reinigungsspezialisten Kärcher am Hauptsitz in Winnenden einen Besuch abzustatten. Wasser und Schmutz von draußen haben wir schon mal mitgebracht. Drinnen ist es aber trotzdem blitzeblank sauber. War auch nicht anders zu erwarten. Im Kundenzentrum von Kärcher sind einige der Reinigungsgeräte ausgestellt, aber eines macht seine Arbeit ganz alleine: die „autonome Scheuersaugmaschine ,KIRA B 50‘“. „KIRA“ scheuert und saugt den Boden, wie der Name schon sagt, ganz autonom.

Sicherheitstechnische Prüfung und internationale Zertifizierung

Der Roboter ist für professionelle Kunden im Transportgewerbe, im Einzelhandel, in Einkaufszentren oder im Gesundheitswesen konzipiert. Dabei lag ein besonderes Augenmerk des Herstellers auf Zuverlässigkeit und Sicherheit. DEKRA hat die sicherheitstechnischen Prüfungen begleitet und bewertet und Kärcher eine internationale Zertifizierung ausgestellt. Grundlage war das sogenannte IECEE-CB-Verfahren für elektrotechnische Geräte und Komponenten, ein multilaterales Zertifizierungssystem auf Grundlage internationaler Normen der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC).

Wie in allen Bereichen sind Geräte mit autonomen Funktionen besonders stark reguliert. Im Falle von ,KIRA‘ mussten wir relativ neue Standards anwenden.

Enrico Eberlein, Prüfingenieur von DEKRA Testing and Certification

Starke Regulierung autonomer Funktionen

„KIRA fährt autonom, die Sicherheit steht da an oberster Stelle. Daher haben wir insbesondere das Verhalten im Hinblick auf Hindernisse, Absturzkanten und die Bremswege geprüft“, sagt Enrico Eberlein, der als zuständiger Prüfingenieur mit einem Team von DEKRA Testing and Certification das Projekt begleitet hat. Eberlein und die anderen Dresdner Kollegen sind sonst für die Prüfung von elektrischen Haushaltsgeräten und Elektrowerkzeugen zuständig, KIRA war der erste autonome Roboter. „Wie in allen Bereichen sind Geräte mit autonomen Funktionen besonders stark reguliert. Im Falle von ,KIRA‘ mussten wir relativ neue Standards anwenden.“

Teach und Repeat

KIRA dreht derweil mit bis zu 4,3 Kilometern pro Stunde im Kundenzentrum von Kärcher ihre Runden. Ihre Lichter leuchten dabei blau, das steht für den autonomen Betrieb. Alternativ kann man die Maschine aber auch noch manuell betreiben. „,KIRA‘ kann sich frei im Raum orientieren“, erklärt Dr. Manuel Drust, Projektleiter im Bereich Robotik bei Kärcher. „Der Benutzer muss sie aber zuerst einmal im Raum anlernen.“ „Teach“ heißt dieser Modus, in dem der Bediener der Maschine die zu reinigende Route anlernt, „repeat“ heißt es, wenn die Maschine die einprogrammierte Route dann selbst abfährt. Es können beliebig viele Routen einprogrammiert werden. „Zukünftig wird sich der Automatisierungsgrad sogar noch erhöhen“, sagt Drust, etwa durch eine kalenderbasierte Reinigungsplanung.

Zuverlässig Hindernisse erkennen und bremsen

KIRA orientiert sich mittels Lasersensoren und 3D-Kameras im Raum und zeichnet sich sozusagen ihre eigene Navigationskarte. Die 3D-Kameras geben die Umgebung in Form von Punktwolken wieder. So erkennt der Roboter Hindernisse und markiert sie. Doch auch der plötzliche Kontakt mit Gefahren wie Absturzkanten oder Hindernissen erkennt KIRA dank Sensoren im laufenden Betrieb. Vermasselt man ihr die Tour und läuft plötzlich in die Strecke, stoppt sie abrupt. Bremsen funktioniert also zuverlässig.

Erster Roboter dieser Art im professionellen Bereich

Nach getaner Arbeit fährt KIRA selbstständig an ihre Dockingstation zurück, entleert ihren Schmutzwassertank tank, füllt Frischwasser nach und lädt sich wieder auf. Mit seiner 160-Ah-Lithium-Ionen-Batterie schafft der Roboter eine Laufzeit von etwa drei bis vier Stunden, das entspricht ungefähr 1.000 Quadratmetern gereinigter Fläche pro Stunde. „Der Wert variiert abhängig von den Bedingungen vor Ort und kann bei Freiflächen auch höher sein“, sagt Drust. So erleichtert KIRA den Mitarbeitenden in Supermärkten, Produktionsanlagen, Lagern oder Flughäfen die Bodenreinigung, wie auch die kleineren Saugroboter in Privathaushalten. Im professionellen Bereich ist der Roboter der Erste seiner Art. „Durch dieses erfolgreiche Projekt erhoffen wir uns, bei der Zertifizierung von Robotik-Produkten noch stärker Fuß zu fassen und unsere Expertise weiter auszubauen“, meint Enrico Eberlein. Was bei Pkw noch ein heiß diskutiertes Thema ist, funktioniert bei Kärcher also schon einwandfrei. KIRA blinkt sogar beim Abbiegen.