Farbiger Lärm
Author: Regina Weinrich
Laute Geräusche in Farbe sehen – eine akustische Kamera macht das möglich. DEKRA Experten arbeiten mit dem hochinnovativen Instrument, um Lärmquellen auch an komplexen Standorten sichtbar zu machen. Anschließend können die unerwünschten Geräusche gezielt bekämpft werden.
Die neuartige Technologie kann überall dort eingesetzt werden, wo herkömmliche Messgeräte keine genauen Rückschlüsse auf die maßgebliche Schallquelle liefern. Vorstellen kann man sich das in etwa so wie bei einem Thermografie-Bild, das Mängel beim Wärmeschutz sichtbar macht, nur dass hier die Bereiche mit gleicher Lautstärke in der gleichen Farbe erscheinen: von Rot für besonders laut bis hin zum leisen Blau.
Mit einer normalen Kamera hat das Gerät, mit dem der DEKRA Sachverständige Ilja Richter die Ruhestörer ausfindig macht, nicht viel gemein. Es sieht eher aus, wie drei zusammengefasste schwarze Honigwaben, die sogenannten Arrays. In deren Mitte befindet sich jeweils eine Digitalkamera, die das lärmende Objekt abbildet, umgeben ist sie von 128 Mikrofonen, die die Schallwellen aufzeichnen. Eine Software errechnet aus den Laufzeitunterschieden das Schallfeld und stellt dieses über dem Realbild als farbige Schallkarte sofort dar. Angezeigt wird immer der lauteste Bereich im Bildausschnitt.
Die eigentliche Aufbauzeit der Kamera benötigt etwa 20 Minuten, aber es muss zunächst der richtige Standort gefunden werden. „Manchmal bin ich nur kurz vor Ort, manchmal aber auch einen ganzen Tag“, sagt Richter. Mal wird das Problem frontal angegangen, mal von der Seite aus einer erhöhten Position, oder auch von hinten. „Da muss ich mich heranarbeiten“, erläutert er. Die Aufnahme selbst dauert dann lediglich ein paar Sekunden und fängt so alle relevanten Daten ein.
In den meisten Fällen wird direkt vor Ort eine klare Ursache auf der farbigen Schallkarte erkennbar, je nach Ansprüchen der Auftraggeber nimmt der Sachverständige das Material zumeist aber mit in sein Büro und wertet es dort manuell aus. Bis er das eine Foto gefunden hat, das genau zeigt, wo eigentlich das Problem liegt, ist eine zeitintensive Einzelbildbetrachtung erforderlich. Für Kunden, die die Ergebnisse in Form von Videos oder Bildern nutzen wollen, ist dieser Arbeitsgang allerdings unerlässlich.
Seit 20 Jahren im Lausch-Geschäft
Richter ist seit nahezu 20 Jahren im Lausch-Geschäft und damit beim Aufspüren von Schallquellen ein Profi. „Da ist man sensibilisiert und hört anders als andere Menschen“, sagt er. Doch seine geschulten Ohren und der konventionelle Schallpegelmesser kommen bei sehr schwierigen Verhältnissen trotzdem an ihre Grenzen. Dann kommt die akustische Kamera zum Zuge, denn sie spürt auch noch in einem engen, lärmintensiven Raum die lauteste Maschine auf. „Das war beispielsweise der Fall, als es galt, die lautesten Maschinen in einer Produktionshalle mit Verpackungsmaschinen zu finden, um die Arbeitnehmer vor Lärm zu schützen“, erzählt Richter.
Die Kamera kann beispielsweise die geräuschintensiven Bereiche eines Motors aufzeigen, die eines Blockheizkraftwerks oder einer Windenergieanlage. Sehr hilfreich ist sie auch bei der Suche nach akustischen Leckagen. So ging es unter anderem auch schon einmal darum, die unzureichende Schalldämmung einer Trennwand zwischen zwei Hotelzimmern zu analysieren und darzustellen. Dabei hat sich gezeigt, dass offenbar Steckdosen falsch verlegt worden waren und die Mineralwolle in der untersuchten Leichtbauwand nicht vollflächig eingebaut wurde. Sollen Regressansprüche geltend gemacht werden, kann eine bildakustische Darstellung sehr überzeugend sein.
DEKRA unterstützt als akkreditierte Messstelle für Lärm und Akustik nach den §§ 26, 29b BImSchG: bei Lärmemissionsmessungen und -prognosen, Bau- und Raumakustik, Lärm am Arbeitsplatz sowie Erschütterungen und Schwingungen.