E-Mobilität – Gefördert und gefordert
Author: Joachim Geiger
Damit die Verkehrswende gelingt, braucht es unter anderem mehr Elektroautos als Verbrenner auf den Straßen. Viele Länder sowie Autohersteller locken daher mit stattlichen Förderungen bei der Anschaffung eines Stromers. Und die Käufer? Die brauchen im Alltag mit ihrem E-Auto manchmal einen langen Atem – vor allem beim Bezahlen an der Ladesäule.
Für die meisten Menschen ist ein neues E-Auto immer noch eine echte Investition. Aber wann kommen die Stromer zum Schnäppchenpreis? Das dürfte noch eine ganze Weile dauern. Immerhin fördern Staat und Autohersteller den Neukauf mit stattlichen Summen. Deutschland hat sich im Klimaschutzplan 2050 verpflichtet, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor bis 2030 um rund 40 Prozent zu reduzieren. Dazu setzt es auf die Elektrifizierung des Straßenverkehrs. Die Bürger jedenfalls nehmen das Förderkonzept bislang gut an. Laut dem für die Förderung zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wurden seit Förderbeginn im Jahr 2016 bis Mai dieses Jahres 336.002 batterieelektrische Fahrzeuge gefördert, davon allein im ersten Quartal rund 80.000. In den Fördertopf zahlen Bund und Autohersteller gleichermaßen ein – Käufer erhalten bis zu 9.000 Euro pro Fahrzeug.
Der Bundesanteil beträgt für Fahrzeuge mit einem Nettolistenpreis unter 40.000 Euro exakt 6.000 Euro, für Fahrzeuge, die darüber liegen, 5.000 Euro. Liegt der Nettolistenpreis des Basismodells in Deutschland über 65.000 Euro, gibt‘s dafür keinen staatlichen Obolus mehr. Die Förderung ist begrenzt bis 2025 und gilt für Neuwagen, die nach dem 3. Juni 2020 zugelassen wurden. Die Autobauer wiederum beteiligen sich mit in der Regel bis zu 3.000 Euro pro verkauftem Auto, wobei Hersteller wie Hyundai und Renault bei einzelnen Modellen ihren Anteil sogar um bis zu 2.000 Euro aufstocken. Zudem nimmt das Kraftfahrzeugsteuergesetz reine E-Autos auch künftig von der Steuer aus – alle Fahrzeuge, die bis zum 31. Dezember 2025 erstmals zugelassen werden, können die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen. Die ursprünglich auf zehn Jahre angelegte Dauer der Befreiung ist jetzt aber beschränkt bis zum 31. Dezember 2030. Unterm Strich könnte es sich also lohnen, die Anschaffung eines E-Autos beizeiten in den Blick zu nehmen.
Bleibt die Infrastruktur die Achillesferse der Elektromobilität?
Die Achillesferse der Elektromobilität bleibt vorläufig die Infrastruktur. Einerseits geht der Ausbau gut voran, weil immer mehr Autohersteller, Stromversorger, Mineralölkonzerne und Dienstleister in das Ladenetz investieren. Die Bundesnetzagentur listet in Deutschland derzeit 2.362 Ladesäulenbetreiber mit öffentlich zugänglichen Ladepunkten auf, wobei die 100 größten zusammen etwa zwei Drittel der gemeldeten Ladeinfrastruktur betreiben (Stand Februar 2021). Zuletzt noch im April hat der Energieversorger EnBW zum Jahresende die Inbetriebnahme eines öffentlichen Ladeparks mit Hochleistungssäulen am Kamener Kreuz in Nordrhein-Westfalen angekündigt, der mit 52 Ladepunkten die größte Anlage dieser Art in Europa werden soll. Andererseits sorgt die große Zahl der Anschlussmöglichkeiten bisweilen für Frust an der Ladesäule, wenn es ans Bezahlen geht.
Das Bezahlen mit Ladekarte klappt am besten im Roaming-System
Viele Betreiber machen ein Geheimnis aus den Kosten fürs Nachladen – den Preis für die Kilowattstunde erfährt man erst über deren App oder Website. Auch im Hinblick auf den Zahlungsmodus kocht mancher sein eigenes Süppchen. In der Regel müssen sich Elektromobilisten zur Nutzung einer App oder Ladekarte erst einmal registrieren. Es gibt aber auch Anbieter, die diese Tools nur den eigenen Stromkunden oder gegen eine monatliche Gebühr zur Verfügung stellen. Dass die Reichweite der Ladekarten bei lokalen Betreibern begrenzt ist, muss für den Nutzer kein Nachteil sein. Häufig schließen sich Ladesäulenbetreiber zum Roaming zusammen, bei dem jeder die Ladekarte des jeweiligen Roaming-Partners akzeptiert. Besonders gut aufgestellt sind Roaming-Verbünde wie Plugsurfing und Hubject, die via App, Ladekarte oder Ladeschlüssel einen umfassenden Zugang zur nationalen und internationalen Ladeinfrastruktur ermöglichen.
Wie digital darf spontanes Laden an der Ladesäule sein?
Verbesserungsbedarf bei der Nutzung der Infrastruktur besteht auch beim sogenannten Ad-hoc-Laden. Hier kommen E-Autofahrer spontan an den Ladepunkt – gewissermaßen als Gäste des Betreibers, der sich seine Dienste dann jedoch oft teuer bezahlen lässt. In Deutschland ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass an jeder Ladestation das Ad-hoc-Laden möglich sein muss. Der Bundesregierung zufolge finden heute rund zehn Prozent der Ladevorgänge spontan statt – mit deutlicher Tendenz Richtung 20 Prozent in den nächsten Jahren. Das typische Procedere beim Ad-hoc-Laden sieht so aus, dass der Nutzer mit dem Smartphone die App des Betreibers aus dem Netz herunterlädt oder den QR-Code an der Ladesäule scannt. Hier wie dort landet er im Online-Portal des Betreibers, wo er den Preis für die Kilowattstunde einsehen und seine Zahlungsdaten hinterlegen kann. Danach sollte er noch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Datenschutzerklärung zur Kenntnis nehmen, bevor der Ladevorgang startet. Für erfahrene Smartphone-Bediener ist dieses Vorgehen kein Problem. Aber wie steht es mit dem Einsatz einer kontaktlosen Giro- oder Kreditkarte? Genau in dieser Frage liegen Gesetzgeber und Energiewirtschaft über Kreuz. Die neue Ladesäulenverordnung, die sich derzeit auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens befindet, sieht vor, dass ab Mitte 2023 die Betreiber öffentlicher Ladepunkte grundsätzlich ein Kartenlesegerät zur Zahlung mit gängigen Kreditkarten vorhalten müssen. Für den Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bedeutet dieser Schritt einen Rückfall in analoge Zeiten, der den Ausbau der Ladeinfrastruktur verlangsamen und verteuern würde.
Plug & Charge steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen
Tatsächlich müsste eine echte digitale Lösung vielleicht sogar eher mehr Komfort bieten – etwa indem der Nutzer einfach an die Ladesäule vorfährt, den Ladestecker anschließt und tankt, während die Bezahlung automatisch im Hintergrund erfolgt. Die Idee dahinter ist nicht ganz neu – sie heißt Plug & Charge und basiert auf einer Technologie zur automatisierten Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladestation. Das E-Auto identifiziert sich gegenüber der Ladesäule in dem Moment, wenn die Steckerverbindung steht. Hierzulande steckt Plug & Charge noch in den Kinderschuhen – auch deshalb, weil die Ausstattung der Ladesäulen mit der nötigen Hardware richtig ins Geld geht. Dass der Austausch der Daten über den Stecker funktioniert, macht Tesla mit seinen firmeneigenen Superchargern vor. Der niederländische Ladeanbieter Fastned hat mit Autocharge ebenfalls eine eigene Lösung für Schnelllader, die über den CCS-Anschluss einen eindeutigen Identifizierungscode des Fahrzeugs an die Ladesäule übermittelt.
Checkliste – Tipps fürs E-Auto
Ein Elektroauto bietet jede Menge Stoff für neue Erfahrungen und spannende Abenteuer. Zum Abschluss unserer Serie haben wir im DEKRA Kompetenzzentrum beim Experten Andreas Richter noch einmal Tipps rund um Nutzung und Betrieb abgefragt.
Die Wahl der Batterie
Kleiner oder großer Akku? Eine kleinere Batterie punktet in der Ökobilanz, bedeutet aber auch weniger Reichweite. Tiefe Temperaturen und sehr häufiges Laden gehen einem kleinen Akku schneller an die Substanz. Eine größere Batterie hat eine höhere Reichweite, mehr Ladeleistung und eine höhere Lebensdauer.
Nutzbare Akkukapazität kennen. Eine Sicherheitsreserve soll schädliche Überladungen und Tiefentladungen verhindern. Daher stellt der Akku eine eingeschränkte Energiemenge zur Verfügung – die nutzbare Kapazität. Nutzer sollten diese kennen, da sonst die Berechnung der Reichweite zu optimistisch ausfallen könnte.
E-Auto fahren und nutzen
Rekuperation clever nutzen. Besonders effizient sind E-Autos auf Strecken mit Gefälle oder im Stadtverkehr mit häufig wechselnden Geschwindigkeiten. Geübte Fahrer erzielen durch cleveres Nutzen der Rekuperation bis zu 20 Prozent mehr Reichweite.
Außentemperaturen bedenken. Die Leistung der Batterie schwindet mit sehr hohen oder sehr niedrigen Temperaturen. Im Sommer bietet sich zur Schonung des Akkus ein schattiger Parkplatz an, im Winter wäre ein Stellplatz in der Tiefgarage eine gute Wahl.
Ressourcen nutzen. Verbraucher wie Scheibenheizung, Sitzheizung und Klimaanlage beanspruchen zwar die Ressourcen des Akkus, ihre Nutzung fällt aber im Vergleich zum Fahrverbrauch nicht stark ins Gewicht. Bei niedrigem Ladestand kann ihr Betrieb auf Kosten der Reichweite gehen. Verkehrssicherheit und Gesundheit gehen aber vor.
Auch ein E-Auto braucht Pflege. Den Termin für Inspektion und Wartung sollte man einhalten. Eine typische Arbeit ist die Prüfung der Bremsen, die bei häufiger Rekuperation Rost ansetzen können. Dazu kommen der Wechsel von Bremsflüssigkeit und Innenraumfilter. Auch die Kontrolle der Akkuanschlüsse steht auf dem Serviceplan.
Option für längere Standzeiten. Das Thema Selbstentladung ist für einen Hochvolt-Akku normalerweise kein Problem. Bei einer längeren Standzeit des E-Autos – etwa im Winter – empfiehlt sich ein Ladestand der Batterie zwischen 40 und 70 Prozent.
Laden und Infrastruktur
Extreme Ladestände vermeiden. Akkus stecken niedrige und hohe Ladestände in der Regel gut weg. Wer Wert auf ein langes Akkuleben legt, sollte aber extreme Ladestände vermeiden – der ideale Ladezustand liegt zwischen 20 und 80 Prozent.
Förderung für Wallbox beanspruchen. Die deutsche Regierung etwa fördert den Einbau einer Wallbox mit maximal 900 Euro pro Ladepunkt inklusive Einbau. Voraussetzungen dafür sind eine Ladeleistung von 11 kW (ab Werk oder gedrosselt), eine intelligente Steuerung sowie die ausschließliche Nutzung der Station mit erneuerbaren Energien.
Auf die Ladeleistung kommt es an. Wer beim Laden auf die öffentliche Infrastruktur angewiesen ist, sollte bei der Anschaffung eines E-Autos auf eine höhere AC-Ladeleistung achten. Dann lässt sich selbst bei einem kurzen Stopp noch etwas Reichweite tanken.
Schneller laden mit Gleichstrom. Die DC-Säule liefert ihre maximale Leistung nur im Bereich zwischen 20 und 80 Prozent des Akkuladestands. Die volle Ladung auf 100 Prozent ist aufgrund der deutlich verlängerten Ladezeit nicht effizient. Auf der Langstrecke lieber nur bis 80 Prozent laden und dafür einmal öfter nachtanken.