Nachhaltige Erfindungen – Die Kraft der Elemente

Author: Jana Bronsch-Chassard

07. Feb. 2020 Nachhaltigkeit
Entstanden durch gute Beobachtungsgabe, Genialität oder schlicht Zufall: Diese nachhaltigen Erfindungen prägten die Entwicklung der Menschheit.
Erste Windmühlen
Ungeheure Riesen sind es, denen der bemitleidenswerte Ritter Don Quichotte den Garaus machen will. Dabei sind es einfach nur Windmühlen. Mit seiner Erzählung hat ihnen der Autor Miguel de Cervantes schon 1605 ein Denkmal in der Literaturgeschichte gesetzt. Zu jenem Zeitpunkt sind Windmühlen gar nicht mehr so neu. Schon 1180 steht in Europa das erste Exemplar. Dreht man die Uhr noch viel weiter zurück, landet man in Babylon. Dort soll es 1750 v. Chr. eine Art Orgel gegeben haben, die durch ein kleines Windrad in Gang gesetzt wurde.
Neueste Windkraftanlagen
Allein in Deutschland gibt es knapp 30.000 Wind- energieanlagen. Zusammen bringen sie es auf eine Leistung von mehr als 56.000 Megawatt. Doch es geht noch schneller, besser, effizienter: Der Wind- anlagen-Gigant Haliade-X 12 MW generiert 45 Prozent mehr Strom als jede andere Offshore-Windkraftanlage. Damit kann sie eine komplette Kleinstadt, also 16.000 Haushalte, ein Jahr lang mit Strom versorgen. Der im Herbst 2019 errichtete, 260 Meter hohe Prototyp im Hafen von Rotterdam soll voraussichtlich 2020 in Betrieb genommen werden. Anders als ältere Anlagen können moderne Windkraftwerke die Energie speichern, wenn der Strom gerade nicht benötigt wird. Nachhaltigkeit spielt also nicht nur bei der Form der Energiegewinnung eine Rolle.
Windantrieb für die Schifffahrt
Schiffe transportieren fast 90 Prozent des globalen Warenverkehrs. Rund 13 Prozent der weltweiten Emissionen an Schwefeloxiden und 15 Prozent der Stickoxide gehen auf das Konto der Ozeanriesen. Ab 2020 dürfen Schiffe jedoch nur Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von maximal 0,5 statt bisher 3,5 Prozent einsetzen. Wind als Antriebskraft rückt nun wieder in den Fokus. Bei der Rotorsegeltechnologie kommt der Magnus-Effekt zum Einsatz. Dabei nutzt der mehrere Meter hohe Zylinder an Deck die Windströmung zur Rotation. Dies erzeugt eine Auftriebskraft, sodass ein Schiff zusätzlichen Schub bekommt. Der Rotor dient daher als Hilfsantrieb. Eine Alternative bieten Drachensegel. Sie werden vor das Schiff gespannt und ziehen es bei entsprechendem Wind nach vorn.
Das Rad
Entgegen der lange Zeit vorherrschenden Meinung, dass das Rad etwa 3500 v. Chr. im Gebiet Mesopotamiens erfunden wurde, gibt es mittlerweile Funde, die erste tönerne Wagenmodelle, die sich auf Rädern bewegt haben, im europäischen Schwarzmeergebiet in der ersten Hälfte des vierten Jahrtausends v. Chr. nachweisen. Eine denkbare Inspirationsquelle könnte die Töpferscheibe gewesen sein, deren früheste Formen auf ein Alter von mindestens 6.000 Jahren datiert werden. Trotzdem gehen die Forschermeinungen über die Erfindung und Verbreitung auseinander. Fest steht jedoch: Die Kombination aus Rad und Wagen – als eine erste technische Revolution – hat das Leben des Menschen verändert wie kaum eine andere Innovation.
Das Fahrrad
Was heute den Kleinsten als Lernhilfe dient, bevor es auf das „richtige“ Fahrrad geht, war ab dem Sommer 1817 eine teure Modeerscheinung für adlige Erwachsene: die Laufmaschine. Dem auch als Laufrad oder Draisine – nach dem Erfinder Karl Freiherr von Drais – benannten Gefährt fehlte aber noch das entscheidende Element: der mechanische Tretkurbelantrieb. Das damit ausgestattete und weiterentwickelte Fortbewegungsmittel kommt ab den 1860ern auf und wird als Veloziped bezeichnet. In etwa Zehnjahresschritten folgten daraus das Hochrad – mit dem immer größer werdenden Vorderrad für ein höheres Tempo – und schließlich das Niederrad beziehungsweise das Sicherheitsfahrrad. Dieses gilt als Prototyp des Fahrrads, wie wir es heute kennen.
Die Eisenbahn
Dem Briten Richard Trevithick mit seiner intuitiven Problemlösungsfähigkeit und seinem außergewöhnlichen Talent im Ingenieurwesen ist die Erfindung der Dampflokomotive zu verdanken. Bereits mit 19 Jahren ist er Ingenieur bei mehreren Erzminen in Cornwall. In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts tüftelt er an einer Dampflokomotive, bis schließlich 1804 die erste Dampfeisenbahn-Lokomotive der Welt eine Ladung von 10 Tonnen Eisen und 70 Mann auf einer 16 Kilometer langen Straßenbahn zieht. Fehlende Investoren und noch zu zerbrechliche gusseiserne Schienen verhindern jedoch den Durchbruch. Der gelingt erst dem britischen Ingenieur George Stephenson. Er verbessert die Schienentechnik, und im September 1825 wird die erste Eisenbahnstrecke der Welt zwischen den englischen Städten Stockton-on-Tees und Darlington eröffnet.
Solarthermie
Schon der Erfinder Archimedes, der um 280 v. Chr. geboren wurde, nutzt die Wärmekraft der Sonne – unter anderem zu kriegerischen Zwecken. Er findet heraus: Bündelt man die Sonnenstrahlen mithilfe von Brennspiegeln, entsteht eine so enorme Wärme, dass sich ein feindliches Schiff in Brand setzen lässt. Dass es sich bei dieser Angriffsmethode nicht um eine Sage, sondern um eine tatsächlich funktionierende Technik handelt, haben Forscher 2009 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in einem Versuch nachgewiesen. Im Jahr 1767 baut Horace-Bénédict de Saussure den Vorläufer der heutigen Solarkollektoren, indem er einen Holzkasten mit schwarzem Boden mit einer Glasscheibe abdeckt. Im Jahr 1909 patentiert William J. Bailey ein System, das die Grundlage für das Design der heute verwendeten Solar-Warmwasserbereiter bildet. Erst durch die Ölkrise in den 1970er-Jahren werden Entwicklungen zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung wieder aufgegriffen und vorangetrieben.
Stromerzeugung
Dieser Entdeckung verdanken wir nicht nur den Betrieb von Taschenrechnern und Parkschein- automaten, sondern auch den der meisten Raumflugkörper: der Fotovoltaik. 1839 entdeckte der Physiker Alexandre Edmond Becquerel den fotoelektrischen Effekt. Dessen Erklärung lieferte allerdings 1905 Albert Einstein, wofür er 1921 den Nobelpreis für Physik bekam. Erste technische Anwendung fand die Fotovoltaik 1955 bei der Stromversorgung von Telefonverstärkern. 1958 wurde schließlich der erste Satellit mit Solarzellen ausgestattet und in die Erdumlaufbahn geschickt. Anfang der 1980er-Jahre ging in Kalifornien/USA das erste Solarkraftwerk ans Netz.
Künstliches Licht
Lange Zeit war die Sonne die einzige Lichtquelle des Menschen. Doch vom Lagerfeuer, später Kienspänen, Öl- und Talglampen über Kerzen bis hin zu Gaslampen: Der Mensch strebte danach, Licht in die sonst dunklen Höhlen und Häuser zu bringen. Erst 1879 beginnt das Zeitalter der elektrischen Beleuchtung. Thomas Alva Edison erfindet die Glühlampe „neu“, indem er die Erfindung des deutschen Uhrmachers Johann Heinrich Goebel aus dem Jahr 1854 zur technischen Reife bringt. Seit der Erfindung der Glühlampe hat jedoch kein anderes Leuchtmittel den Markt so nachhaltig revolutioniert wie die LED (Light Emitting Diode). Hatte die Lichtausbeute der leuchtenden Dioden anfangs noch bei 1 bis 20 Lumen pro Watt elektrischer Leistung gelegen, so stieg sie bis 2013 schon auf circa 80 bis 120 Lumen pro Watt. Die Geschichte der LED beginnt 1907: Da findet der Engländer Henry Joseph Round heraus, dass anorganische Stoffe unter elektrischer Spannung leuchten können. 1962 kommt die erste rote Lumineszenzdiode auf den Markt und markiert die Geburtsstunde der industriell gefertigten LEDs. Shuji Nakamura entwickelt 1993 in Japan die erste hellstrahlende, kommerziell erfolgreiche blaue LED und erhält dafür 2014 den Nobelpreis für Physik.
Erste Wasserräder
Vor etwa 5.000 Jahren entwickeln Menschen in Mesopotamien und China erste Schöpfräder mit Gefäßen, die aus Bambusrohr oder Ton gebaut sind. Eine Innovation und ein Meilenstein: Erstmals wird die Wasserkraft effizient genutzt, und mithilfe der Mechanik wird Wasser aus dem Fluss geschöpft, um angrenzende Felder zu bewässern. Auch im alten Griechenland entwickeln Ingenieure Wasserräder und erste Pumpen, mit denen sie Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche befördern können. Einige Zeit später gelingt es, die Rotationsbewegung umzuwandeln, sodass Wasserräder zu den am häufigsten genutzten Antriebsrädern für Mühlen oder Schleifsteine werden.
Modernste Wasserkraftwerke
Über Rohre oder Stollen wird Wasser aus Flüssen oder Seen ins Wasserkraftwerk geleitet. Dabei spielt das Gefälle eine entscheidende Rolle. Je größer das Gefälle, desto höher die Energie, mit der das Wasser auf Kraftwerksturbinen trifft. Diese werden dadurch in Bewegung gesetzt und treiben Generatoren an. Die so entstehende mechanische Energie wird in Strom umgewandelt. Mit einer Nennleistung von 22,5 Gigawatt gilt der Drei-Schluchten-Staudamm in China als das größte Wasserkraftwerk der Welt. Laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua müssten 49 Millionen Tonnen Kohle verbrannt werden, um die Strommenge zu erhalten, die das Mega-Kraftwerk allein im Jahr 2014 produzierte.
Emissionsfreie Kraftwerke
Wasser kann nicht nur der Energieerzeugung dienen, es ist auch ein gutes Speichermedium für Energie. Forscher der Universität Graz wollen diese Eigenschaft für die Entwicklung emissionsfreier Kraftwerke nutzen. In diesen Kraftwerken soll Wasser gleich mehrere Aufgaben erfüllen: Das Wasser treibt nicht nur Turbinen an, es wird auch auf die gewünschte Temperatur gebracht und dient als Transportmedium von Fernwärme, indem es direkt zum Endverbraucher geleitet wird. Dabei werden die Pumpspeichertechnologie, die Fernwärmespeicher- und die Fernkältetechnik miteinander kombiniert.