Frachtschiffe – Giganten der Meere
Author: Hannes Rügheimer
Ihre Größe bemisst sich in Fußballfeldern, ihre Tragfähigkeit reicht an 200.000 Tonnen heran. Um die Spitzenposition im Ranking der größten Containerschiffe der Welt gibt es ein ständiges Kopf-an-Kopf-Rennen. Wir stellen die derzeit größten Ozeanriesen näher vor.
Rund 6,1 Meter lang, 2,4 Meter breit und 2,6 Meter hoch beziehungsweise 20 x 8 x 8,5 in der angloamerikanischen Maßeinheit „Fuß“. Das sind die Abmessungen eines „20-Fuß-ISO-Containers“ – der international einheitlichen Standardgröße der Frachtcontainer. In ihnen schippern Waren und Bauteile über die Weltmeere. Jeder dieser Container kann bis zu 20 Tonnen wiegen. Und die derzeit größten Containerschiffe aus der sogenannten „Megamax-Klasse“ laden knapp 24.000 davon.
An der Spitze der einschlägigen Containerschiff-Rankings wird es dann so dünn, dass fast schon jeder Extra-Container zählt: Exakt 23.964 „Twenty Foot Equivalent Units“ (TEU) passen auf die knapp 400 Meter lange und 61 Meter breite HMM Algeciras – das derzeit größte Containerschiff der Welt. Zur besseren Veranschaulichung: Seine Breite entspricht in etwa der geforderten Mindestbreite eines Fußballfelds, seine Länge der von gleich vier Fußballfeldern. Damit ist der Ozeanriese länger als das Empire State Building in New York hoch ist. Voll beladen hat er einen Tiefgang von bis zu 16 Metern. Für den nötigen Antrieb sorgt ein Dieselmotor mit einer Leistung von rund 82.000 PS.
Neuer Rekordhalter HMM Algeciras
Nach zwei Jahren Bauzeit wurde die HMM Algeciras im Dezember 2019 vom Stapel gelassen und Ende April 2020 fertiggestellt. Damit musste das mit 23.756 TEU bis dahin größte Containerschiff der Welt, die MSC Gülsün nach nur wenigen Monaten ihren Spitzenplatz im Ranking aufgeben und auf den zweiten Platz rücken. Nicht selten entscheidet sich das Wettrennen erst ganz am Schluss – wenn die Schiffsbau-Ingenieure die ursprünglich konzipierte Tonnage noch um einige Container aufstocken und die Frachtkapazität damit bis auf den letzten Container ausreizen (siehe auch Tabelle).
Der aktuelle Rekordhalter wurde von der südkoreanischen Reederei Hyundai Merchant Marine (HMM) bei der Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering in Auftrag gegeben und ist das erste Containerschiff einer Serie zwölf weiterer Schiffe der Megamax-Klasse. Wie auch die MSC Gülsün fährt die HMM Algeciras unter der Flagge Panamas – die Gründe für dieses branchenübliche „Ausflaggen“ reichen von Steuervorteilen bis hin zu lockereren gesetzlichen Vorgaben in den entsprechenden Ländern.
Seine Jungfernfahrt startete der aktuell führende Koloss Algeciras im Hafen Yantian der chinesischen Stadt Shenzhen. Auf seiner Route lag dann unter anderem auch der Hamburger Hafen. Mit einem Containerumschlag von 26,5 Millionen TEU im Jahr 2020 liegt Yantian übrigens auf Platz vier der weltweit größten Häfen. Noch mehr Containerumschlag gibt es nur im chinesischen Ningbo-Zhoushan (28,7 Mio. TEU), in Singapur (36,8 Mio. TEU) und im mit Abstand größten Vertreter Shanghai (43,5 Mio. TEU). Zum Vergleich: In Hamburg, Deutschlands größtem Seehafen, summierte sich der Container-Umschlag im Corona-Jahr auf 8,5 Mio. TEU.
Der 20-Fuß-Container ist das Maß der Dinge
Wie viele der maritimen Spezialitäten hat auch die für Laien etwas unhandliche Container-Zählung mit den „Twenty Foot Equivalent Units“ ihren Grund. Denn neben den 20 Fuß langen Standard-Containern gibt es auch doppelt so lange 40-Fuß-Container (Länge 12,2 Meter, maximale Gesamtmasse: 30 Tonnen). Weil sie unhandlicher sind und bezogen auf ihr Volumen weniger Tonnage erlauben, werden sie aber seltener eingesetzt – zum Beispiel für sehr lange Maschinenbauteile. Daher ist bei der Bestimmung der Frachtkapazität die Zählung der 20-Fuß-Exemplare praxisgerechter. Übrigens ist ein „20-Fuß-Container“ genau genommen nur 19,88 Fuß lang. Denn zwei dieser Container hintereinandergestellt müssen exakt so lang sein wie ein 40-Fuß-Container. Zwischen ihnen verbleibt ein Abstand von 3 Zoll beziehungsweise 7,6 cm.
Die Schiffe werden sauberer
Dass die üblicherweise mit Schiffsdiesel, also einer Mischung aus Schweröl und Dieselöl betriebenen Ozeankolosse in puncto Umweltverträglichkeit bis dato keine Top-Platzierungen einnehmen, ist bekannt. Doch es geht auch anders: Auf Platz Drei des Rankings nach Frachtkapazität findet sich aktuell die im September 2020 in Dienst gestellte CMA CGM Jacques Saade – das erste Riesenschiff, das mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben wird. Im Vergleich zu traditionellen Schiffsantrieben soll sie etwa 25 Prozent weniger CO2, 85 Prozent weniger Stickoxide und 99 Prozent weniger Schwefeldioxid ausstoßen. Da ist eine gute Nachricht für die Umwelt, zumal die französische Reederei CMA CGM bereits acht weitere, baugleiche Riesen-Frachtschiffe in Auftrag gegeben hat.
Maritime Aktivitäten von DEKRA
Wenn es um Sicherheit, Prüfungen und Servicedienstleistungen geht, ist DEKRA nicht nur zu Lande unterwegs, sondern auch auf den Weltmeeren – beziehungsweise in den großen Seehäfen dieser Welt. Zu den Aktivitäten des Geschäftsbereichs DEKRA Claims Services GmbH Marine- & Cargo Survey zählt etwa die Prüfung und Zertifizierung der Maßhaltigkeit, Stabilität und Qualität von Frachtcontainern oder die Begleitung von Containern mit Messtechnik, um etwa Bewegungen, Stöße und/oder Temperaturschwankungen auf dem Transportweg zu registrieren. Auch Expertisen zu Fracht- und Warenschäden sowie die Begleitung empfindlicher Fracht über multimodale Transportketten (etwa vom Schiff über die Schiene auf den Lkw) oder die Begleitung und Überwachung der Umladung zwischen See- und Landverkehr zählen zu den angebotenen Dienstleistungen. Zur Vermeidung von Unfällen und Schäden berät DEKRA Unternehmen zur Beladung (Fachbegriff: Stauung) der Container und bietet unter anderem auch entsprechende Trainings und Audits für das Landpersonal an.