Hupen, Aufblenden und Co. - wann ist was erlaubt?

Author: Hannes Rügheimer

13. Dez. 2023 Sicherheit im Verkehr

Vielen haben es schon einmal erlebt. Da regt man sich im Straßenverkehr auf und prompt hat man die Hand fest auf die Hupe gedrückt. Oder mal schnell aufgeblendet, weil jemand nicht vom Fleck kommt. Aber wann ist was erlaubt und warum reagiert man so?

Hupen kann befreiend sein. Vor allem dann, wenn man sich über andere Verkehrsteilnehmer aufregt. Sei es, weil sie einem den Parkplatz weggeschnappt haben oder weil jemand an der grünen Ampel „schläft“. Man ist wütend und macht seinem Ärger mit der Hupe Luft. Ähnlich verhält es sich mit dem Aufblenden. Kriecht jemand auf der linken Spur und sieht es über einen langen Streckenabschnitt nicht ein, nach rechts zu ziehen, ist es verlockend, die Lichthupe gleich mehrmals zu betätigen, um dem anderen Autofahrer klarzumachen, dass man genervt ist.
Hupen und Aufblenden sind in diesen Situationen allerdings nicht das richtige Ausdrucksmittel. Denn: Beide Signale sind explizit dafür gedacht, sie als Warnzeichen einzusetzen. „Die Grundlage hierfür bietet die Straßenverkehrsordnung“, sagt DEKRA Verkehrsexperte Thomas Riedel. Konkret regelt Paragraf 16 das Thema. Es heißt: „Schall- und Leuchtzeichen darf nur geben, wer außerhalb geschlossener Ortschaften überholt oder wer sich oder andere gefährdet sieht.“ Beispiele: Auf der Autobahn zieht ein Auto plötzlich auf die eigene Spur oder ein Fußgänger ist in Gefahr. Dann darf die Hupe als Warnsignal genutzt werden. Innerorts ist Hupen grundsätzlich nur in Gefahrensituationen erlaubt.
Schweiz: Hupen vor engen Kurven erlaubt
Als Ankündigung für einen Überholvorgang außerorts ist das Hupen zwar legitim, aber für viele eher eine überraschende Anwendung. Denn das passiert im Alltag auf deutschen Straßen selten. „In Deutschland beobachten wir das tatsächlich eher weniger. Beispielsweise in Italien oder anderen südeuropäischen Ländern ist es durchaus gebräuchlich“, sagt Experte Riedel. „Und es ist erlaubt und sinnhaft, wenn etwa der Verkehrsteilnehmer vor mir seine Aufmerksamkeit nicht dem hinterherfahrenden Verkehr gewidmet hat.“ In der Schweiz ist das Hupen vor unübersichtlichen und engen Kurven beispielsweise auf Bergstraßen üblich und erlaubt.
Häufiger werden Hupe und Lichthupe aber auch zu anderen Zwecken genutzt. Streng genommen ist das nicht in Ordnung. Etwa, wenn man mit der Lichthupe jemanden auf der Straße grüßen will oder andere vor einem Blitzer warnen möchte. Hier ist schließlich keine Gefahr im Verzug und es besteht das Risiko einer Fehlinterpretation. Bei Auto-Korsos nach Fußballspielen oder Hochzeiten tönt die Hupe ebenfalls fleißig. Die meisten Ordnungshüter drücken in einem solchen Fall jedoch ein Auge zu.
Tatbestand der Nötigung
Weniger Spielraum gibt es, wenn der Tatbestand der Nötigung erfüllt ist. Zum Beispiel bei ungeduldigen Dränglern auf der Autobahn. Zwar ist das kurze Aufblenden zur Ankündigung der Überholabsicht erlaubt, aber es gibt Grenzen. „Zum Beispiel bei dichtem Auffahren und parallel dazu ständigem Aufblenden. Oder wenn ich riskiere, dass der andere die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert und es zum Zusammenstoß kommt“, sagt Riedel.
Während bei einem einfachen Missbrauch der Lichthupe oder Hupe zu einem Verwarngeld von 5 bis 10 Euro die Folge sein kann, sind die Strafen bei einer Nötigung deutlich höher. Hier sind Geld- oder Freiheitsstrafen sowie Fahrverbot oder Führerscheinentzug möglich.
Die Frage ist: Warum muss es so weit kommen? Weshalb lässt man sich im Straßenverkehr provozieren? „Ob ich hupe, drängle oder mir sonst irgendwie Vorrang verschaffen will, hat etwas damit zu tun, wie ich in den Verkehrsfluss eingebunden bin und ob ich mein Ziel in der erwarteten Zeit erreiche oder behindert werde. Dann entsteht Ärger“, sagt DEKRA Verkehrspsychologe Dr. Thomas Wagner.
Doch längst nicht alle Menschen hinter dem Lenkrad reagieren in solchen Situationen gleich. „Es ist ein Zusammenspiel aus der Situation und der Persönlichkeit des Fahrers“, sagt Wagner. „Die Zündschnur ist besonders kurz bei ungeduldigen, impulsiven Typen und Menschen, die mit ihrer sozialen Umwelt insgesamt hadern und Schwierigkeiten haben, sich zu integrieren. Bereits im Jahr 1949 kamen die amerikanischen Forscher Tillmann und Hobbs zur Erkenntnis: 'Truly it may be said that a man drives as he lives.' Sprich: Menschen verhalten sich im Straßenverkehr wie in anderen Lebenslagen auch."
Keine Verschlechterung des Verkehrsklimas
Das Positive: Laut Wagner gibt es im Gegensatz zu dem oft in der Öffentlichkeit geprägten Bild keine Verschlechterung des Verkehrsklimas auf den deutschen Straßen. In Befragungen in Deutschland stellte sich heraus, dass weder ein besonders positives noch ein besonders negatives Stimmungsbild wahrgenommen wird. Spannend allerdings: Vielfahrer schätzen die Lage viermal schlechter ein als Wenigfahrer, und Städter empfinden die Lage schlechter als Bewohner von ländlichen Gebieten.
Wer doch mal in die Situation gerät, dass sich der Ärger extrem anstaut, dem rät Wagner, den nächsten Parkplatz anzufahren, eine Pause zu machen und sich zu beruhigen – etwa mit einer Atemübung oder ein paar Schritten rund ums Auto. Auch eine Anzeige kann eine Möglichkeit sein, wenn man selbst belästigt wurde. „Dann einfach bei der nächsten Ausfahrt abfahren und die Polizei informieren und das Kennzeichen durchgeben. Sie ermittelt dann“, sagt der Experte.
Was man zudem bedenken sollte: Im Straßenverkehr hat man immer nur einen beschränkten Ausschnitt vor Augen. „Wenn uns jemand schneidet oder die Vorfahrt nimmt, neigen wir eher dazu, demjenigen unredliche Motive zu unterstellen. Wir vergessen aber, dass sich jemand vielleicht nicht auskennt, gestresst ist, unaufmerksam etc. und keine Absicht dahintersteckt", erinnert Wagner.