Sicher zur Schule

Author: Michael Vogel

23. Aug. 2023 Sicherheit im Verkehr

Die Einschulung ist ein besonderes Ereignis für jedes Kind. Wichtig ist, dass Erstklässler früh lernen, wie sie sich sicher im Straßenverkehr bewegen können.

15 Kilometer – so viel muss der elfjährige Jackson mit seiner kleinen Schwester morgens durch Kenias Savanne zur Schule zurücklegen. Zu Fuß, im Laufschritt. Die beiden müssen darauf achten, dass sie genügend Trinkwasser dabeihaben, und immer wieder gefährlichen Tieren ausweichen. Den Schulweg der beiden beschrieb der 2013 erschienene Dokumentarfilm „Auf dem Weg zur Schule“ des Franzosen Pascal Plisson. Verglichen damit haben viele Kinder – auch in Kenia – deutlich kürzere Schulwege und die Risiken sind andere: Als schwächste Verkehrsteilnehmer sind sie den Gefahren des Straßenverkehrs ganz besonders ausgesetzt.
Wenn Kinder eingeschult werden, wird das Thema Schulwegsicherheit sehr wichtig. Aufgrund ihrer Körpergröße sind sie leicht zu übersehen und können sich selbst nur schwer einen Überblick über eine Verkehrssituation verschaffen. Durch ihre geringe Körpergröße müssen sie auch mehr Schritte machen, um eine Straße zu überqueren. Wissenschaftlich belegt ist, dass junge Kinder auf visuelle und akustische Reize langsamer reagieren als Erwachsene. Ihre Reaktionszeiten können dreimal so lang sein. Junge Kinder sind auch leichter ablenkbar und können nur schwer einschätzen, ob ein Autofahrer sie sieht, wenn sie das Auto sehen.
Leider ziehen Eltern in vielen Industriestaaten zunehmend die falschen Schlüsse aus diesen Gefahren: Sie bringen ihre Kinder nicht nur die ersten Tage nach der Einschulung zur Schule, sondern über Jahre, womöglich mit dem Auto. Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz zum Beispiel hat festgestellt, dass beim Besuch der Primarschule der durchschnittliche Schulweg zu Fuß zwölf Minuten dauert. Trotzdem werde jedes zehnte Schweizer Kind zur Schule chauffiert, in zentrumsnahen Gebieten und einkommensstarken Gemeinden seien es sogar bis zu einem Drittel der Kinder. Aus anderen Ländern sind ähnliche oder gar noch höhere Zahlen bekannt.
„Sicherheit braucht Köpfchen“
Dabei ist es für Kinder sehr wichtig, dass sie lernen, den Schulweg allein zu bewältigen. Das stärkt Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein, und nur so können sie das richtige Verhalten im Straßenverkehr trainieren. DEKRA unterstützt die Erstklässler dabei mit der Kampagne „Sicherheit braucht Köpfchen“, schon seit 20 Jahren. Die Aktion läuft in Deutschland über die 74 DEKRA Niederlassungen, oftmals in Kooperation mit lokalen Partnern. Neben der Verteilung kostenloser Kappen für neu eingeschulte Kinder gehört zu der Aktion auch die Aufklärung von Kindern und Eltern über das Thema „Sicherer Schulweg“.
Die Kappen sind auffällig rot und rundum mit reflektierenden Leuchtstreifen versehen. „Wer gut zu sehen ist, ist grundsätzlich sicherer unterwegs. Nicht umsonst haben beispielsweise Warnwesten eine Signalfarbe und retroreflektierende Elemente“, sagt Guido Kutschera, Vorsitzender der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH und im Konzern verantwortlich für die Region Deutschland, Schweiz und Österreich. Zusätzlich zu den roten Kappen rät er Eltern, auch bei Kleidung, Schuhen und Schulranzen ihrer Kinder auf retroreflektierende, auffällige Elemente zu achten: „Damit sind Kinder für andere Verkehrsteilnehmer viel besser zu erkennen – vor allem in der Dämmerung oder bei Dunkelheit.“
Die Aktion ist längst zum Vorbild für DEKRA Gesellschaften in anderen Ländern geworden. So fand sie zum Beispiel im vergangenen Jahr neben Deutschland auch in Bulgarien, Chile, China, Finnland, Italien, Luxemburg, Polen, Portugal, der Slowakei, Schweden und Tschechien statt. Seit Beginn der Aktion im Jahr 2004 wurden allein in Deutschland 3,35 Millionen Kinderkappen verteilt.
In vielen Ländern der Welt sind für Kinder, die eingeschult werden, die eigenen Füße oder Schulbusse und der öffentliche Nahverkehr die bevorzugte Wahl beim täglichen Schulweg. Vor allem im anglo-amerikanischen Raum gehören Schülerlotsen zum Straßenbild, besonders vor Grundschulen. Wegen ihrer oft großen Warnschilder, die an einen Lutscher erinnern, mit denen sie den Straßenverkehr anhalten, werden sie auch „Lollipop Man“ beziehungsweise „Lollipop Lady“ genannt. Dagegen nehmen sich die Handkellen der Schülerlotsen in Ländern wie Deutschland, Österreich oder der Schweiz richtig klein aus, wenn sie überhaupt welche haben. In Japan übrigens heißen die Schülerlotsen „grüne Tante“ wegen der Farbe der Uniformen.
Tipps für Eltern zum sicheren Schulweg
  • Wichtig ist, dass Eltern den Schulweg mit ihren Kindern vor der Einschulung einüben. Falls bereits klar ist, mit welchen anderen Kindern ein Kind zur Schule läuft, übt man am besten in der Gruppe. Aber nicht nur am Wochenende oder in den Ferien üben – dann ist oft weniger Verkehr.
  • Üben lässt sich auch mit umgekehrten Rollen: Die Kinder bringen die Eltern zur Schule – und zeigen damit, dass sie die Gefahren kennen.
  • Eltern sollten einen sicheren Schulweg für ihre Kinder vorab bereits auswählen: möglichst wenig an viel befahrenen Straßen; wo möglich, auf Wege ohne Straßenverkehr ausweichen und immer Ampeln oder Zebrastreifen nutzen.
  • Auch Einfahrten an Garagen, Innenhöfen oder Tiefgaragen sind potenziell gefährliche Orte, weil Fahrzeuge zu schnell oder rückwärts den Gehweg queren können.
  • Für das Überqueren der Straße ohne Ampeln oder Zebrastreifen müssen die Kinder lernen, sich selbstständig eine geeignete Stelle zu suchen, die nicht durch parkende Fahrzeuge schwer einsehbar ist.
  • Schulanfänger sollten weder mit Fahrrad noch mit Roller zur Schule fahren. Aufgrund ihres altersbedingten Entwicklungsstands gefährden sie dadurch sich selbst und andere.
  • Kopfhörer und Smartphone sind auf dem Schulweg tabu.
  • Eltern sollten ihre Kinder darauf hinweisen, dass selbst auf Gehwegen oder Wegen abseits von Straßen, Fahrrad- oder Rollerfahrer mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sein können.
  • An Haltestellen sollten Kinder nicht drängeln oder schubsen und einen Meter Abstand zum Bordstein halten.
  • Vor dem Einsteigen in Bus oder Bahn sollte man Fahrgäste aussteigen lassen und beim Einsteigen weder drängeln noch schubsen. Beim Aussteigen nach links und rechts schauen (Roller-/Radfahrer!). Erst wenn der Bus (oder die Bahn) losgefahren ist, die Straße überqueren, möglichst an einem Zebrastreifen oder einer Ampel.
  • Eltern, die ihr Kind mit dem Auto zur Schule fahren oder es abholen, sollten weder direkt vor dem Schulgebäude noch an oder gegenüber von Bushaltestellen parken. Sonst erzeugen sie für alle Kinder, die dort unterwegs sind, zusätzliche Gefahren.
Hier erhalten Sie mehr Informationen: www​.dekra​.de/kinderkappen