Spielzeugqualität: Sicherheit im Kinderzimmer

Author: Hannes Rügheimer

08. Mai 2024 Produktsicherheit / Sicherheit zu Hause

Wenn der jüngere Nachwuchs mit einem spannenden Spielzeug beglückt werden soll oder der etwas größere Nachwuchs in dieser Richtung klare Wünsche äußert, sollten Eltern dennoch die Sicherheit im Blick behalten. Dies gilt in puncto Schadstoffe ebenso wie für mechanisch-physikalische Eigenschaften. Die gute Nachricht: Insgesamt hat sich die Qualität von Spielzeug in den letzten Jahren verbessert. Und Prüfzeichen helfen bei der Orientierung.

Die sprechende Puppe fanden die Kids sehr cool. Und relativ günstig war sie im Internet auch. Doch der beißende chemische Geruch nach dem Auspacken und die leicht klebrige Oberfläche der Kunststoffhaut machten schnell deutlich: Dieses Spielzeug sollte wohl besser nicht seinen Weg ins Kinderzimmer finden. Auch wenn der Protest des Nachwuchses sicherlich deutlich ausfallen würde.
Erfreulicherweise sind solche Fälle heute eher die Ausnahme, berichtet Dr. Magdalena Krause, Schadstoffexpertin von DEKRA. „Insgesamt finden wir bei unseren Prüfungen von Spielzeugen heute weniger Artikel mit Schadstoffbelastung als noch vor einigen Jahren.“ Mit ein Grund dafür sei, dass die Schadstoffgrenzwerte verschärft und neue Chemikalien in die EU-Spielzeugverordnung aufgenommen worden seien. Dennoch finden die DEKRA Produktprüfer immer noch Spielzeug – vereinzelt im Handel oder in weitaus größerer Zahl in Online-Shops –, das beispielsweise mit Phthalaten, Flammschutzmitteln oder Schwermetallen belastet ist.
Dass eine generelle Entwarnung beim Thema Spielzeugsicherheit verfrüht wäre, bestätigen auch Testkäufe, die der Verband Toys Industries of Europe (TIE) Ende 2023 gezielt auf einem asiatischen Online-Marktplatz durchgeführt hat. 95 Prozent der darüber erworbenen Spielzeuge stellten ein Sicherheitsrisiko für Kinder dar – und kein einziges der 19 Testexemplare entsprach den geltenden Vorschriften in der EU. Der Online-Marktplatz teilte als Reaktion mit, sofort eine interne Untersuchung eingeleitet und die beanstandeten 19 Spielzeuge von seiner EU-Website entfernt zu haben. Dennoch kritisiert der TIE eine Lücke in den EU-Vorschriften. Nötig seien daher mehr Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden und weiterreichende Verpflichtungen für Online-Plattformen.

Rechtliche Schlupflöcher, die Eltern kennen sollten

Ein Teil der Beanstandungen bezog sich auch auf mechanische Aspekte. Dazu erklärt Tanja Ruoff, Teamleiterin Spielzeug bei der DEKRA Testing and Certification GmbH: „Bei Spielzeugen für Kinder unter drei Jahren dürfen sich keine Kleinteile lösen, damit diese beispielsweise nicht verschluckt werden können. Bei Kuscheltieren müssen Nähte und Knöpfe Zugprüfungen bestehen, die belegen, dass sie beim Spielen auch größere Beanspruchungen aushalten.“ Die genannten Vorschriften gelten für Spielzeug – nach EU-Definition Produkte, „die dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Kindern unter 14 Jahren für den Gebrauch beim Spielen verwendet zu werden“. Wenn ein Anbieter Plüschfiguren beispielsweise offiziell als hochwertige Sammlerartikel deklariere, gelten die strengeren Vorschriften nicht mehr. Diese Produkte sollten Eltern dann aber auch nicht ihren kleinen Kindern zum unbeaufsichtigten Spielen geben.
Dennoch steuert die EU gegen. Eine wichtige Rolle spielt insbesondere das Schnellwarnsystem RAPEX – „Rapid Exchange of Information“. Es wurde etabliert, um Informationen über mögliche Produktgefahren schnell innerhalb der Mitgliedsstaaten und an die EU-Kommission weiterzuleiten. Jährlich vermeldet es europaweit rund 2000 Meldungen aus verschiedenen Produktgruppen. Spielzeug stehe dabei an erster Stelle, berichtet Tanja Ruoff, gefolgt von Kfz und Kfz-Zubehör, Textilien und Modeartikeln sowie Elektrogeräten. Verbraucher können sich einen Überblick über die Meldungen auf der EU-Website „Safety Gate“ verschaffen: https://ec​.europa​.eu/safety-gate-alerts/screen/webReport

Wichtige Orientierungshilfe: Kennzeichnung der Produkte

DEKRA Expertin Dr. Magdalena Krause rät Eltern: „Achten Sie auf eine vollständige Kennzeichnung der Spielwaren!“ So müssen alle in der EU vertriebenen Spielzeuge das CE-Zeichen (CE = Conformité Européenne) tragen. Damit bestätigt der Hersteller, dass sein Produkt die gesetzlichen Anforderungen einhält. Für europäische Märkte habe die Kennzeichnung in der jeweiligen Landessprache zu erfolgen, Hersteller und Importeur müssen zudem eine Kontaktadresse innerhalb der EU angeben. Eine Orientierung bietet darüber hinaus das GS-Zeichen für „Geprüfte Sicherheit“. Es wird nach erfolgreicher Prüfung durch eine zugelassene neutrale Prüfstelle, wie zum Beispiel DEKRA, vergeben. Allerdings ist diese Kennzeichnung freiwillig – ebenso wie die Siegel Blauer Engel oder Öko-Tex 100, die Umweltfreundlichkeit beziehungsweise gesundheitliche Unbedenklichkeit belegen.
Auch über weitere Empfehlungen für Eltern sind sich Dr. Magdalena Krause und Tanja Ruoff einig: Am besten sei es nach wie vor, Spielwaren im Fachhandel zu kaufen. Denn auch der Handel überprüft die geltenden Sicherheitsbestimmungen. Zudem könne man vor einem Kauf das Produkt selbst in die Hand nehmen und sich einen Eindruck von dessen Qualität verschaffen. Aber auch die Webshops bekannter Hersteller seien in der Regel vertrauenswürdig.
Ansonsten plädieren die beiden DEKRA Expertinnen vor allem an den gesunden Menschenverstand: Insbesondere vor Online-Käufen sollten Eltern den Hersteller und damit die Herkunft des Produkts abklären. Direktimporte aus asiatischen Ländern seien auf jeden Fall riskanter als die Belieferung durch einen Anbieter innerhalb der EU. Und wenn die Ware dann vorliegt, sollten Eltern sie auf jeden Fall prüfen, bevor sie sie ihren Kindern aushändigen. Wenn etwas auffällig riecht, klebt, schmiert oder Farbe abgibt, muss klar sein: Solches Spielzeug hat in Kinderhänden nichts verloren.
Sicherheitsprüfungen und Zertifizierung von Spielzeug durch DEKRA
Für Hersteller und Händler sind die gesetzlichen Vorschriften rund um Spielzeug durchaus unübersichtlich. Das weltweite Labornetzwerk von DEKRA unterstützt sie mit einer Vielzahl an Prüf- und Zertifizierungsmöglichkeiten. Diese umfassen neben der in der EU wichtigen CE-Konformität und der Einhaltung der EU-Spielzeugrichtlinie auch global relevante Vorschriften, wie sie beispielsweise in den USA gelten.
Unabhängige und neutrale Schadstoffprüfungen führen akkreditierte DEKRA Labore mit Sitz in der EU sowie in China durch. Auch mechanische Sicherheit und Entflammbarkeit sind im interdisziplinären Prüfspektrum enthalten.