Stets auf eigenen Füßen stehen

Author: Joachim Geiger

31. Jan. 2024 Sicherheit bei der Arbeit / Sicherheit zu Hause

Stürzen, Rutschen und Stolpern gehören zu den häufigsten Ursachen von Haushaltsunfällen. Wie man diese am besten vermeidet, erklärt DEKRA Experte Florian Halstenbach.

Sind Stürze wirklich ein Lebensrisiko, denen Menschen heutzutage täglich ausgesetzt sind? Zumindest in der Arbeitswelt dürfte das sehr wohl der Fall sein. „Gerade im gewerblichen Bereich stehen häufig Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle (SRS-Unfälle) auf der Tagesordnung. Meistens sind dabei Treppen und Leitern im Spiel, wobei Unfälle mit Leitern in der Regel mit schwereren Verletzungsfolgen einhergehen“, erklärt Florian Halstenbach, Arbeitsschutzexperte bei DEKRA. Der Experte kennt die jährlichen Statistiken der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zum Arbeitsunfallgeschehen. Für das Jahr 2022 zählte sie 165.420 meldepflichtige Arbeitsunfälle, in denen Menschen durch SRS-Unfälle zu Schaden kamen.
Unfallursache Nummer eins: stolpern, rutschen und stürzen
Nur gut also, dass es wahrscheinlich in den privaten Haushalten deutlich weniger gefährlich zugeht, sollte man denken. Klar, auch hier liegt mal ein Teppich quer, liegt der Staubsauger mit eingestecktem Kabel auf dem Boden, und Kinderspielzeug ist im Flur zu finden. Aber deshalb ist der Haushalt noch lange kein gefährliches Terrain, in dem an allen Ecken und Enden Stolperfallen drohen?
Tatsächlich ist das Bild vom trauten Heim, das Schutz und Sicherheit verspricht, bei Licht betrachtet nicht ganz korrekt. Das Statistische Bundesamt jedenfalls belegt in seiner Statistik der Sterbefälle nach Unfallkategorien, dass sich im Jahr 2022 fast die Hälfte aller Unfälle mit Todesfolge (15.551 von 32.587 Unfällen) im Haushalt ereignet haben. In den Altersgruppen zwischen 25 und 65 kamen 1.335 Menschen im Haushalt ums Leben, für Menschen ab 65 Jahren steigt die Unfallquote deutlich, ab 75 Jahren sogar überproportional an. Zwar schlüsselt die Statistik die genaueren Ursachen der Unfälle nicht auf, dafür zeigen einschlägige Studien des Robert Koch-Instituts, der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, dass das Stolpern, Rutschen und Stürzen quer durch alle Altersgruppen zu den häufigsten Unfallursachen gehört. Eine im Frühjahr 2023 vorgelegte Studie des Wiener Kuratoriums für Verkehrssicherheit belegt übrigens, dass der Frühjahrsputz in den Monaten März und April eine veritable Gefahrenquelle darstellt – bei den entsprechenden Hausarbeiten würden sich im Schnitt 60 Personen pro Tag so schwer verletzen, dass sie eine Krankenhausbehandlung in Anspruch nehmen müssen.
Sturzrisiko Haushalt: Schon eine kleine Unachtsamkeit genügt
„Viele Menschen unterschätzen die Verletzungsgefahr durch Stürze zu Hause“, weiß DEKRA Arbeitsschutzexperte Florian Halstenbach. Das bestätigen auch die Ergebnisse einer vor einigen Jahren durchgeführten DEKRA Umfrage zu häuslichen Unfällen: Demnach verzichtet fast jeder Dritte der über 60-Jährigen bei Hausarbeiten auf sichere Steighilfen und benutzt stattdessen Schrank, Stuhl oder Regal als Kletterhilfe. Die Umfrage belegt auch, dass ein großer Teil der Befragten (45 Prozent) um die erheblichen Sturzrisiken im Haushalt Bescheid weiß. „Das Tragische daran ist, dass potenzielle Stolperfallen lange Zeit keinerlei Probleme machen – bis zu genau dem Moment, an dem sich eine Variable in den gewohnten Routinen verändert“, berichtet Halstenbach. Das kann zum Beispiel eine kleine Unachtsamkeit beim Treppensteigen sein, Hektik und Zeitdruck, wenn man das Fenster putzen, die defekte Glühbirne im Bad wechseln oder den Koffer aus dem oberen Schrankregal herausholen will. Kommen ungünstige äußere Faktoren dazu – etwa nasse und rutschige Fliesen auf dem Boden oder eine Leiter, bei der die Schrauben lose geworden sind – dann ist ein Unfall programmiert.
Die Folge von Stürzen: vom blauen Fleck bis hin zum Todesfall
Im besten Fall kommt man nach einem Sturz mit einem Schrecken oder einem blauen Fleck davon. Häufig sind aber auch Prellungen und Verstauchungen, Verletzungen an Knöcheln, Fuß- und Kniegelenk sowie an den Unterschenkeln die Folge. Zu den ernsten Auswirkungen eines Sturzes gehören Knochenbrüche – vor allem Stürze auf die Seite enden häufig mit Brüchen der Oberschenkel- oder Beckenknochen. Und beim Versuch, den Sturz mit der Hand abzufangen, kann das Handgelenk brechen. Eine nicht zu unterschätzende Sturzfolge ist die Angst vor einem möglichen neuen Sturz. Die logische Folge: Betroffene bewegen sich immer weniger und verlieren dadurch wichtige Alltagskompetenzen. Und wie lassen sich Stürze am besten vermeiden? DEKRA Experte Halstenbach rät dazu, auch das persönliche Sicherheitsmanagement in den Blick zu nehmen. Wer mit einer Grippe und unter Medikamenteneinfluss den Hausputz startet, kann nämlich selbst zur Gefahrenquelle für einen Sturz werden. Auch eingeschränktes Sehvermögen ist ein Risikofaktor – bei schlechter Sicht oder Dunkelheit kann man leicht über einen Stuhl stolpern oder an einem herumliegenden Kabel hängenbleiben. Ältere Menschen haben zudem oft das Handicap, dass das Sturzrisiko in gleichem Maße steigt wie die Muskelkraft in Armen und Beinen und das Gleichgewichtsgefühl nachlässt.
Stolperfallen im Haushalt
• Teppiche schaffen Gemütlichkeit, lose Kanten und hoch stehende Ecken sind allerdings klassische Stolperfallen.
• Auf glatten Böden können Teppiche und Läufer wegrutschen. Mit Antirutschmatten oder Klebebelägen lassen sie sich sichern.
• Lose liegende Kabel in einem Zimmer sind eine Gefahrenquelle. Daher die Kabel – auch Verlängerungskabel – am besten entlang der Fußleisten legen.
• Ordnung ist ein Sicherheitsfaktor. Nach der Putzaktion Eimer, Besen, Staubsauger und Reinigungsmittel aus dem Weg räumen. Die Laufwege in Wohnung und Treppenhaus sollten außerdem von Dekorationsgegenständen frei bleiben.
• Nasse und rutschige Treppen sind ein gefährliches Terrain.
• Bei schweren Einkäufen und sperrigen Getränkekisten die Treppe lieber mehrmals nehmen – möglichst stets mit einer Hand am Handlauf.
Einsatz einer Leiter
• Bei Haushaltsarbeiten in der Höhe ist eine Leiter Pflicht. Die klassische Haushaltsleiter ist eine Klapptrittleiter, die es in verschiedenen Größen gibt.
• Stühle oder Tische sind kein Ersatz für Leitern. Nur Leitern verwenden, die technisch in Ordnung sind.
• Achten Sie auf eine standsichere und stabile Leiter mit rutschsicheren Standfüßen und Trittflächen.
• Stellen Sie Leitern stets auf einem festen und ebenen Untergrund auf. Stehen Sie immer mit beiden Füßen auf der Leiter. Halten Sie sich wenn möglich mit einer Hand fest.
Fenster reinigen
• Fenster nur innerhalb des Raums und nach Möglichkeit stets vom Boden aus putzen.
• Sinnvoll ist der Einsatz von Reinigungsgeräten mit Teleskop-Stiel. Andernfalls eine sichere Leiter benutzen. Der Tritt auf die äußere Fensterbank ist absolut tabu.