Feuer unterm Dach
Author: Michael Vogel
Haushaltsbrände entstehen am häufigsten durch Probleme mit der Elektrizität oder durch menschliches Fehlverhalten. Wenn es passiert, sollte man keine Fehler machen.
Wie lange dauert es, bis die auf dem Herd abgestellten Einkäufe Feuer fangen, wenn versehentlich eine Herdplatte angeschaltet wird? Eine halbe Minute? Eine Minute? Fünf Minuten? Bereits nach wenigen Sekunden entwickelt sich Rauch und die Einkaufstüte fängt Feuer. Nach vier Minuten brennt sie lichterloh. Nach sechs Minuten haben die Flammen auf Abzugshaube und Einbaumöbel übergegriffen. Wenig später ist die ganze Küche ein Flammenmeer. Wer es nicht glauben mag: Das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS) hat die Entwicklung eines Küchenbrandes gefilmt.
Das IFS, eine Institution der öffentlichen Versicherer, publiziert jährlich die „Brandursachenstatistik“. Sie beruht auf Untersuchungen von Bränden, die erhebliche Schäden in und an Gebäuden verursacht haben. Zwar ist die Statistik nicht repräsentativ für das gesamte Schadengeschehen, aber durchaus aussagekräftig, wenn es um die Ursachen von Feuern geht. Die auf dem Herd abgestellten Einkäufe als Brandursache zählen in dieser Statistik zum Bereich „menschliches Fehlverhalten“, das 2022 für ein Viertel der Feuer ursächlich war. Es ist die zweithäufigste Kategorie. Zu ihr zählt auch die nicht richtig erloschene Zigarette, die Pfanne mit brennendem Öl auf dem Herd, aber auch der Sisha-Kohleanzünder, der sich bei einigen Modellen relativ leicht unbeabsichtigt einschalten lässt – auch wenn er ungenutzt neben einem Papierstapel steht.
Elektrische Fehlfunktionen sind Brandauslöser Nummer 1
Am häufigsten jedoch lassen sich Haushaltsbrände laut IFS auf Probleme mit der Elektrizität zurückführen (28 Prozent). Hauptverursacher sind hier Haushaltsgeräte, allen voran Kühl- und Gefrierschränke, gefolgt von Wäschetrocknern. Der alte Kühlschrank, der es nach seiner langen Karriere in der Küche noch zum Getränkedepot im Keller schafft, ist so ein Kandidat. Denn mit dem altersbedingten Verschleiß steigt das Risiko einer elektrischen Fehlfunktion.
Auch Mehrfachsteckdosen tragen zum hohen Anteil der Kategorie „Elektrizität“ bei. Sie sind immer nur für eine bestimmte Leistungsabgabe ausgelegt, oft auf 3.500 Watt. Schon ein Haartrockner kann eine Leistung von 2.000 Watt haben. Wenn nun mehrere große elektrische Verbraucher an derselben Mehrfachsteckdose hängen oder gar mehrere Mehrfachstecker hintereinander verwendet werden, dann werden sie heiß. Dann kann Staub auf den Mehrfachsteckdosen ausreichen, damit es zu einem Schwelbrand kommt. Es muss also nicht immer ein technischer Defekt sein.
Lebensgefährlicher Rauch
Wenn es dann passiert, sollten Betroffene keine weiteren Fehler machen. Was gar nicht so einfach ist, denn noch immer gibt es viele Fehleinschätzungen bei Haushaltsbränden, wie Lars Inderthal weiß. Er ist bei DEKRA der Fachgebietsverantwortliche Brandschutz im Fachbereich Elektro- und Gebäudetechnik. Ehrenamtlich ist Inderthal Mitglied im Gemeinsamen Ausschuss Brandschutzerziehung und Brandschutzbekämpfung des Deutschen Feuerwehrverbands. „Viele Menschen halten bei einem Haushaltsbrand die Flammen für das Hauptproblem, nicht den Rauch“, sagt er. „Tatsächlich enthält dieser Rauch viele giftige Substanzen, insbesondere Kohlenstoffmonoxid. Wenige Lungenzüge davon führen zur Bewusstlosigkeit oder zum Tod.“ Die meisten Opfer von Wohnungsbränden sterben nicht durch die Flammen, sondern an einer Rauchgasvergiftung. Nicht von ungefähr gibt es in Deutschland inzwischen eine Rauchmelderpflicht, damit Menschen nicht im Schlaf überrascht werden. „Vor dem Rauch kann man sich auch nicht durch ein Taschentuch vor Mund und Nase schützen“, so Inderthal weiter. „Das hält vielleicht etwas Ruß ab, jedoch nicht die Gase.“
Des Weiteren suggerieren Feuerlöscher oder Löschdecke manchmal eine unbegründete Sicherheit. „Mit einem Feuerlöscher kann ich einen Brand in den ersten Sekunden nach seiner Entstehung löschen. Bereits nach einer Minute kann sich jedoch der Rauch so stark ausgebreitet haben, dass man den Raum längst verlassen haben sollte“, sagt Inderthal. Auch von Löschdecken in der Küche, um Fettbrände zu löschen, rät er ab. Man kann den Brandherd mit der Löschdecke nicht so gut abdichten, dass die Flammen restlos erstickt werden. „Die einzig hilfreiche Maßnahme ist es, das brennende Öl in Pfanne oder Topf mit einem passenden Deckel abzudecken und das Gefäß von der heißen Herdplatte zu schieben.“ Wobei der Fachmann davon abrät, den Deckel nochmals anzuheben, um nachzusehen, ob das Feuer aus ist: „Das kann zu einer explosionsartigen Entzündung der entstandenen Gase führen.“
Anruf bei der Feuerwehr ist ein Muss
Wer erfolgreich ein Feuer im Haushalt gelöscht hat, sollte trotzdem die Feuerwehr rufen. „Nur sie kann sicherstellen, dass es nicht zu einer Wiederentzündung kommt, und nur sie kann messen, ob Ablagerungen aus dem Rauch einen Raum oder gar die ganze Wohnung unbewohnbar gemacht haben“, sagt Inderthal. „In so einem Fall müssen erst Fachleute alle Ablagerungen beseitigen, um langfristige und schwerwiegende Gesundheitsschäden zu vermeiden.“ Sorgen, dass man einen Feuerwehreinsatz selbst bezahlen muss, sind in Deutschland unbegründet. „Selbst bei einem nur vermuteten oder bereits gelöschten Feuer trägt immer die Allgemeinheit die Kosten“, beruhigt Inderthal.
Eine einheitliche und lückenlose Statistik über die Zahl der Brandopfer gibt es übrigens weder für Deutschland noch für Europa, geschweige denn spezifische Zahlen über Opfer von Haushaltsbränden. Das Statistische Bundesamt beziffert die Zahl der Todesopfer durch „Exposition gegenüber Rauch, Feuer und Flammen“ mit 321 im Jahr 2021. Wie viele davon bei Haushaltsbränden zu Tode kamen, ist nicht ausgewiesen. Die European Fire Safety Alliance – ein Zusammenschluss von Fachleuten, der die Gefahren von Feuern verringern möchte – nennt eine Zahl von „mehr als 5.000 Menschen“, die in Europa jedes Jahr durch einen Haushaltsbrand sterben.
Insgesamt ist die Zahl der Todesopfer durch Haushaltsbrände jedoch zumindest in Deutschland über die Jahrzehnte rückläufig, was maßgeblich an modernen Elektrogeräten und Heizungen liegt. Eine gute Nachricht. Trotzdem: Jeder Tote durch einen Haushaltsbrand ist einer zu viel.
Die drei wichtigsten Maßnahmen, um Haushaltsbrände zu vermeiden
- Geprüfte elektrische Geräte nach Herstellervorgaben verwenden, auch Mehrfachsteckdosen. Den Stecker ziehen, wenn Geräte wie Wasserkocher, Haartrockner oder Heizlüfter nicht benötigt werden.
- Beim Kochen den Herd nicht unbeaufsichtigt lassen. Den Herd nicht als Ablage verwenden.
- Brennende Kerzen löschen, wenn der Raum für längere Zeit verlassen wird.
Die drei wichtigsten Verhaltensmaßnahmen, wenn es im Haushalt brennt
- Sofort den brennenden Raum bzw. die Wohnung verlassen. Die Tür von außen zuziehen, nicht abschließen.
- Wenn es in einem Mehrparteienhaus in einer anderen Wohnung brennt und dadurch der Fluchtweg zum Beispiel verraucht ist, sollte man in der eigenen Wohnung bleiben und sich am Fenster bemerkbar machen, wenn die Feuerwehr kommt. Das ist sicherer.
- Den Notruf 112 wählen.