Die verrücktesten Flüge der Welt

Author: Thorsten Rienth

24. Mai 2023 Mobilität der Zukunft

Rund um den Globus gibt es unzählige Flugverbindungen, doch einige haben das gewisse Etwas. So viel sei verraten: Nervenkitzel und spektakuläre Aussichten liegen nah beieinander.

Viel Zeit für den Genuss der Aussicht bleibt Passagieren zwischen den schottischen Nachbarinseln Westray und Papa Westray wahrlich nicht. Denn die Regionalairline Loganair bringt sie in einem ihrer Britten-Norman BN-2 Islander-Turboprops in zwei Minuten ans Ziel. Mehr steht für die knapp drei Kilometer lange Strecke und damit kürzeste Linienflugverbindung der Welt nicht im Flugplan. Abflug: 9:52 Uhr. Ankunft: 9:54 Uhr. Der Großteil der Passagiere entfällt übrigens auf Forschende und Studierende, die an einer von ungefähr 60 jungsteinzeitlichen Fundstätten auf Papa Westray arbeiten. Aktueller Flugpreis pro Strecke: ab 7,25 britischen Pfund geht’s los. Loganair hat im Übrigen ein weiteres Highlight in petto, oder treffender: im Flugplan. Mit einer Twin Otter fliegt sie von Glasgow auf die Insel Barra. Da das Flugzeug stets am Strand landet, orientiert sich der Flugplan an den Gezeiten.
Als kürzester internationaler Flug zwischen zwei Kontinenten gilt aktuell die Verbindung zwischen Malaga in Spanien und Tangier in Marokko. Flugdauer wenn der Wind gutsteht: knapp eine halbe Stunde. Mittlerweile nicht mehr im Liniengeschäft bedient wird die einst kürzeste internationale Flugverbindung innerhalb Europas, und zwar jene von Wien in Österreich nach Bratislava in der Slowakei. Der Flug dauerte nur etwa zehn Minuten.
Auf der anderen Seite des Flugstrecken-Spektrums ist dagegen Geduld gefragt: Wer ein Ticket für den aktuell längsten Nonstopflug (Singapur–New York) kauft, wird fast 18 Stunden für die 15.300 Kilometer unterwegs sein. Doch die Rekordstrecke ist angezählt: Bei der australischen Airline Qantas laufen die Vorbereitungen für einen Nonstop-Flug zwischen Sydney und London. Rund 17.700 Kilometer wird er messen, was einer Flugdauer von etwa 19 Stunden entspricht.
Für schwache Nerven ungeeignet: Lukla in Nepal und Courchevel in Frankreich
Ein vor allem in der Bergsteiger-Szene bekannter heißer Kandidat für den gefährlichsten Flughafen der Welt ist der Tenzing-Hillary-Airport von Lukla in Nepal. Seine Start- und Landebahn misst gerade mal 527 Meter, hat eine Steigung von rund 15 Prozent – und endet an einer 600-Meter-Klippe. Zum Einsatz kommen in Lukla vor allem sogenannte STOL-Flugzeuge (Short Take-Off and Landing) der Typen de Havilland Canada DHC-6 und Dornier 228. Für schwache Nerven kaum besser geeignet ist der Flughafen Courchevel in Frankreich: Seine Bahn misst 538 Meter und weist eine Steigung von teilweise über 18 Prozent auf. Für James Bond sind solche Werte natürlich keine Hindernisse. Schon zweimal fungierte der Flughafen in den Rhône-Alpes „007“-Drehort.
Apropos Landebahnlängen: Die längste zivil genutzte Bahn der Welt misst 5.500 Meter und gehört zum Flughafen Qamdo-Bamda im Autonomen Gebiet Tibet. Der Grund für die Länge liegt in der Flugphysik der gängigen Passagierflugzeuge sowie den 4.334 Metern Meereshöhe. Der geringen Luftdichte wegen müssen die Flüge – zum Beispiel aus Chengdu oder Xi’an – mit besonders hoher Geschwindigkeit aufsetzen. Beim Start kommt ein weiterer Effekt hinzu. Die dünne Luft schlägt auf die Triebwerksleistung, was die Beschleunigung verringert.
Eine Besonderheit bringt auch die Landebahn des King George Island Teniente R. Marsh Airports: Sie ist die einzige asphaltierte Landebahn in der Antarktis, der Flughafen der einzige des Kontinents mit IATA-Code. Während des Südsommers führt die private Fluggesellschaft Aerovías DAP kommerzielle Flüge von Punta Arenas durch, einer Stadt im äußersten Süden Chiles. Die Ticketpreise beginnen bei etwa 5.500 Euro. Mit etwas Glück steht eine BaE 146 Avro mit Pinguin-Lackierung im Flugplan.
Spektakulär unspektakulär dürfte sich der Flug auf die Insel Saint Helena im Südatlantik gestalten, aktuell allein möglich vom Flughafen Walvis Bay in Namibia aus. Gut drei Stunden sind die Embraer E190AR-Maschinen der südafrikanische Regionalfluggesellschaft Airlink unterwegs – und praktisch der komplette Flug führt über Wasser. Derzeit wird die Strecke einmal pro Woche bedient.
Genau das Gegenteil lässt sich für Flüge zwischen Seoul (GMP) und der südkoreanischen Insel Jeju-Do sagen. Die Verbindung gilt als meist frequentierter Flug weltweit. Dem Flightradar24-Tool zufolge sind es aktuell über 650 Verbindungen pro Woche. Mit ein Grund ist der Hochzeitstourismus auf die Insel, die deshalb auch „Honeymoon Island“ genannt wird, Flitterwochen-Insel.
United Island Hopper – Sieben Pazifikinseln in 14 Stunden
Beim United Island Hopper ist dagegen der Weg das Ziel. Unter der Flugnummer UA154 fliegt United Airlines derzeit zweimal wöchentlich von Honolulu über Majuro, Kwajalein, Kosrae, Pohnpei und Chuuk nach Guam. Dort ließe sich die Reise mit einer Umsteigeverbindung über die Inseln Yap und Palau nach Manila auf den Philippinen verlängern. Wer auf den Landeanflügen blaues Wasser, weiße Strände und sattgrüne Palmen bewundern möchte, fliegt am besten in westlicher Richtung. Andersherum finden die letzten Landungen nach Sonnenuntergang statt.
Ein ähnliches Konzept steht hinter dem „Milk Run“ von Alaska Airlines. Unter mehreren Flugnummern verbindet die Fluggesellschaft Seattle (Washington) und Anchorage (Alaska) mit den auf dem Weg gelegenen Flughäfen respektive Pisten von Ketchikan, Wrangell, Petersburg, Sitka, Yakutat und Cordova – spektakuläre Blicke auf Berggipfel und Gletscher inklusive. Da der „Milk Run“ für die Einwohner der kleinen und abgelegenen Orte eine wichtige Lebensader bedeutet, gilt eine Einschränkung: Tickets müssen an einem der kleinen Flughäfen beginnen oder enden. Gewiefte Flugbegeisterte teilen die Tour daher in zwei Buchungen auf.
Einen dritten „Hopper“ gibt’s in Europa: Die norwegische Regionalfluggesellschaft Widerøe bedient zwischen Tromsø und Kirkenes im äußersten Norden Norwegens mehrere Verbindungen mit bis zu fünf Zwischenstopps. Abhängig von der Tages- und Jahreszeit – Stichwort Polarnacht – dürften die spektakulären Inselformationen nicht immer zu sehen sein. Dafür steigt aber in den Wintermonaten die Chance, Nordlichter durchs Flugzeugfenster zu sehen.