Risiken durch Smartphone und Kopfhörer
Ohren auf im Straßenverkehr!
Zu oft sind Fußgänger und Radfahrer im Straßenverkehr abgelenkt, weil sie Kopfhörer oder Ohrstöpsel tragen und Musik hören. „Ihnen ist offenbar nicht bewusst, dass sie sich damit in Gefahr bringen“, sagt DEKRA-Unfallforscher Denis Preissner. „Laute Musik oder Noise Cancelling verlängern die Reaktionszeit und erhöhen das Unfallrisiko.“
- Musikhören kann die Sicherheit beeinträchtigen
- Unfallforscher: Wichtige Warnsignale können überhört werden
- Im Ausland teils Kopfhörerverbot für Radfahrer
Anfang Mai 2025 wurde bei München ein 23jähriger Mann von einer S-Bahn erfasst und tödlich verletzt. Er hatte Kopfhörer auf und vermutlich überhörte er den Zug. Tragisch, aber kein Einzelfall: Viele Menschen tragen Kopf- oder Ohrhörer, wenn sie durch die Straßen gehen, Radfahren oder auf dem E-Scooter durch die Stadt flitzen. Klar, unterwegs Musik oder einen Podcast zu hören, macht Spaß und vertreibt die Zeit.
Es gibt aber viele Gründe, warum man im Straßenverkehr darauf verzichten sollte. Der Wichtigste: Laute Musik übertönt die Umgebungsgeräusche. Wenn die Bässe wummern, sind das hupende Auto oder die klingelnde Straßenbahn schlicht nicht mehr zu hören. Von den fünf Sinnen sind im Straßenverkehr Hören und Sehen die wichtigsten. Wer einen ausblendet, steigert das Unfallrisiko.
Ein Beispiel: Ein Fußgänger will die Straße überqueren. Ein Blick nach rechts und links, kein Auto in Sicht und er geht los. Doch den Radfahrer, der plötzlich laut rufend und wild klingelnd hinter ihm um die Ecke kommt, sieht er nicht. Ohne Kopfhörer würde er ihn aber wenigstens hören und könnte noch schnell zur Seite springen.
Da mehr Menschen das Rad nutzen und weil die Zahl der E-Autos ständig wächst, wird zudem der Verkehr in den Städten tendenziell leiser. Das erhöht zwar die Lebensqualität. Gerade in verkehrsberuhigten Bereichen besteht aber die Gefahr, dass Passanten die Rad- und Scooterfahrer oder E-Autos überhören.
Problematisch ist auch, unterwegs mit Stecker im Ohr zu telefonieren. Dann wird die Umwelt nur noch eingeschränkt wahrgenommen. Selbst wenn das Ohr die Warnsignale hört, verarbeitet das Gehirn sie nicht oder zu langsam. Sogar leise Musik lenkt ab. In einem Test des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung reagierten Musik hörende Probanden auf Martinshorn oder Hupen um 50 Prozent langsamer.
Besonders gefährlich sind übrigens Kopfhörer mit Noise-Cancelling-Funktion. Sie blenden störende Geräusche mithilfe von Gegenschall aus. Das ist hilfreich, um sich zu konzentrieren oder abzuschalten. Doch die Technik funktioniert schon bei geringer Lautstärke. Wer also meint, damit leise Musik hören und trotzdem schnell auf Gefahren reagieren zu können, irrt. Wenn überhaupt, sollte man Kopf- oder Ohrhörer mit Transparenzmodus oder Umgebungsgeräuschverstärkung verwenden. Oder eben den Noise-Cancelling-Modus abschalten.
Aufmerksamkeit ist nicht ersetzbar
„Keine technische Hilfe kann aber die Aufmerksamkeit ersetzen“, sagt DEKRA Unfallforscher Preissner. Der Experte empfiehlt: „Der sicherste Weg bleibt: Smartphone weg, Kopfhörer raus – zumindest im Straßenverkehr.“ Wer nicht darauf verzichten möchte, sollte beim Musikhören nur einen Ohrstöpsel nutzen und die Lautstärke herunterdrehen. So bleibt das Gehör offen fürs hupende Auto, die klingelnde Straßenbahn oder den Warnruf des Radfahrers.
Rechtlich spricht zwar nichts explizit dagegen, im Straßenverkehr Kopfhörer oder Ohrstöpsel zu tragen. Allerdings stellt Paragraph 23 der Straßenverkehrsordnung unmissverständlich fest: Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass sein Gehör nicht beeinträchtigt wird. Wenn also die Bässe dermaßen pumpen, dass man das Martinshorn der Feuerwehr oder die klingelnde Straßenbahn nicht hört, muss man die Lautstärke herunterdrehen.
Ähnliche Regelungen wie in Deutschland gibt es in Österreich und in der Schweiz. Die Polizei in anderen Ländern, zum Beispiel in Frankreich oder Spanien, geht sehr viel rigoroser vor, wenn sie Auto-, Rad- oder E-Scooter-Fahrer mit Knopf im Ohr erwischt.