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Mythos aufgedeckt: Oldtimer & modernes Motoröl

Die Behauptung, Oldtimer bräuchten kein modernes Motoröl, taucht in der Szene immer wieder auf. Doch stimmt das wirklich? DEKRA Experte Carsten Bräuer gibt Aufschluss über diesen hartnäckigen Mythos und erklärt, worauf es bei der richtigen Motorölwahl für klassische Fahrzeuge wirklich ankommt.

Die Wahrheit: Es kommt au das Baujahr an

Unser Fachmann erklärt, dass Fahrzeuge stets das Motoröl aus der Dekade benötigen, in der sie gebaut oder entwickelt wurden. Ein Fahrzeug aus den 1950er-Jahren verträgt kein modernes Leichtlauföl – es wäre sogar schädlich für den Motor. „Das moderne Öl ist für alte Motoren viel zu dünnflüssig und kann erhebliche Schäden verursachen“, so Carsten Bräuer.
Bei Oldtimern aus den 1990er-Jahren sieht die Situation anders aus: Diese Motoren vertragen durchaus moderne Schmierstoffe. Der Mythos „Ein Oldtimer braucht kein modernes Motoröl“ ist also teilweise wahr – die älteren Klassiker benötigen spezielles Öl, während jüngere Oldtimer oder Youngtimer mit modernen Produkten klarkommen.

Die richtige Viskosität für jede Epoche

Für Fahrzeuge bis in die frühen 1970er-Jahre empfiehlt unser Experte Öle der Kategorie 20W-50. Auch für alte Motoren werden heute noch passende Öle hergestellt – sie dürfen nur keine vollsynthetischen Schmierstoffe sein.
Ein historischer Rückblick zeigt die Entwicklung:
  • Vorkrieg bis Mitte der 1970er-Jahre: 20W-50 Mehrbereichsöl
  • Ende der 1970er bis Anfang 1980er-Jahre: 15W-40
  • Ab Ende der 1980er-Jahre: Synthetische Schmierstoffe (0W-40, 10W-60)
  • Ab den 1990er-Jahren: Moderne Leichtlauföle
Besonders bei sehr alten Fahrzeugen spielen weitere Faktoren eine wichtige Rolle: „Vor den 1950er-Jahren gab es Motoren ohne Ölfilter. Moderne Öle sind darauf ausgelegt, Verunreinigungen in Schwebe zu halten, damit sie im Filter aufgefangen werden. Ohne Filter ist das kontraproduktiv“, erklärt Carsten Bräuer.

Was bedeuten diese Zahlen?

Die erste Zahl mit dem „W“ (steht für Winter) gibt an, wie dünnflüssig das Öl bei niedrigen Temperaturen ist – je kleiner die Zahl, desto leichter fließt das Öl bei Kälte. Die zweite Zahl beschreibt hingegen die Viskosität bei Betriebstemperatur. Ein 20W-50 Öl ist demnach bei Kälte dickflüssiger als beispielsweise ein 0W-40, bietet aber bei Betriebstemperatur einen stärkeren Schmierfilm.

Wo gibt es Öl für Oldtimer?

Spezielle Oldtimer-Öle mit geeigneten Eigenschaften für historische Fahrzeuge sind im spezialisierten Fachhandel erhältlich. Unser Experte informiert, es gibt diverse Online-Shops und Hersteller, die unter dem Begriff ‚Oldtimer-Öl‘ passende Produkte anbieten. Diese Anbieter kennzeichnen ihre Produkte oft als „niedrig additiviert“ oder „niedrig legiert“ – das sind wichtige Hinweise für Besitzerinnen und Besitzer von Vorkriegsfahrzeugen.
Auch auf spezialisierte Oldtimer-Werkstätten ist Verlass: „Je weniger eine Person über ihren Motor weiß oder sich mit der Technik auseinandergesetzt hat, desto mehr rate ich zu einem Besuch in einer Oldtimer-Fachwerkstatt“, meint Carsten Bräuer.

Folgen falscher Ölwahl

Die Verwendung ungeeigneter Schmierstoffe kann erhebliche Schäden unter anderem am Motor verursachen. Bei zu dünnflüssigem Öl, beispielsweise in einem Vorkriegsautomobil, ist die Schmierwirkung der Lager dann zu gering.
Moderne vollsynthetische Öle können in alten Motoren dazu führen, dass Dichtungen beschädigt werden und der Motor „aus allen Knopflöchern“ Öl verliert. Die Reparatur solcher Schäden ist aufwändig und teuer.

Tipps für den richtigen Ölwechsel

Unser Experte gibt drei zentrale Empfehlungen:
  • 1. Baujahr beachten: Prüfen Sie, aus welchem Bauzeitraum Ihr Fahrzeug stammt. Manchmal finden sich im Motorraum noch alte Plaketten mit Hinweisen zur empfohlenen Schmierstoff-Viskosität.
  • 2. Fachbetrieb aufsuchen: Kaufen Sie Motoröl nicht auf gut Glück im Supermarkt – ein spezialisierter Fachbetrieb berät Sie zur optimalen Wahl für Ihren Klassiker.
  • 3. Timing des Ölwechsels: Führen Sie einen Motorölwechsel lieber vor, statt nach der Einwinterung durch, denn frisches Motoröl richtet im Motor keinen Schaden an. Außerdem werden somit säurehaltige Rückstände entfernt, die während der Standzeit Schaden anrichten könnten.
Zusätzlich sollten die vom Hersteller vorgeschriebenen Wechselintervalle eingehalten werden. Bei Vorkriegs- und Nachkriegsfahrzeugen liegt dieser Wert oft bei 5.000 Kilometern oder noch weniger – deutlich geringer als bei modernen Autos mit Longlife-Ölen, die bis zu 30.000 Kilometer halten.

Geschmiert durch die Jahrzehnte – Fit in die Zukunft

Der Mythos „Oldtimer brauchen kein modernes Motoröl“ hat einen wahren Kern – besonders bei älteren Klassikern. Je älter das Fahrzeug, desto wichtiger ist die Verwendung epochengerechter Schmierstoffe, da die richtige Ölwahl essenziell für die Motorgesundheit und Langlebigkeit Ihres historischen Fahrzeugs ist. Beachten Sie deshalb das Baujahr und die technischen Besonderheiten Ihres Oldtimers, um die optimale Schmierung zu gewährleisten. Im Zweifelsfall bieten spezialisierte Fachbetriebe oder unsere DEKRA Expertinnen und Experten kompetente Beratung an. Mit dem richtigen Öl bleibt Ihr Klassiker auch in Zukunft gut geschmiert und zuverlässig in Bewegung – Dekade für Dekade.

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