Geruchsmessung: Feine Nasen für saubere Luft
Author: Thorsten Rienth
Professionelle Geruchsmessungen bietet DEKRA nun in ganz Deutschland an. Dabei spielt die Nase eine zentrale Rolle bei der objektiven Bewertung von Gerüchen.
Was dem Ersten wenig ausmacht, kann beim Zweiten zu Unwohlsein führen. „Ähnlich wie Geschmäcker sind Gerüche subjektiv“, erklärt Stephan Mahlberg, Fachlich Verantwortlicher Messstelle für Luftreinhaltung bei DEKRA. Wenngleich nicht immer unmittelbar gesundheitsschädlich, beeinflussen Stoffe aus zum Beispiel Landwirtschaft, chemischer Industrie sowie in anderen geruchsintensiven Produktionszweigen das Wohlbefinden oder führen zu Beschwerden der Nachbarschaft. Gemäß gesetzlichen Richtlinien (z.B. BImSchG, TA Luft, GIRL) müssen Betreiber deshalb regelmäßig durch
eine akkreditierte Messstelle wie DEKRA Art und Ausmaß von Gerüchen objektiv und rechtlich belastbar bewerten lassen
.
Menschliche Nase und High-Tech ergänzen sich bei Geruchsmessungen perfekt
Anfang des Jahres hat DEKRA die Braunschweiger Umwelt-Biotechnologie GmbH (BUB) übernommen. Damit schließt die Prüfgesellschaft im Sachverständigenwesen eine bisherige regionale Lücke im Netz der DEKRA Umweltmessstellen in Norddeutschland. Für Kunden bedeutet das: DEKRA bietet jetzt alle Dienstleistungen zur Luftreinhaltung flächendeckend in ganz Deutschland an.
Was selbstverständlich klingt, ist in der Praxis alles andere als einfach, wie Experte Mahlberg erläutert. „Professionelle Geruchsmessungen in der Breite bereitstellen zu können, ist gar nicht so einfach. Denn Gerüche mit physikalisch-chemischen Messverfahren zu bewerten, ist aufwendig oder überhaupt nicht möglich.“ Auf molekularer Ebene sind Gerüche hochkomplex. So enthält die Abluft eines Schweinestalls ein komplexes Gemisch aus mehreren tausend Einzelkomponenten. Ein wahres Molekülorchester, das sich chemisch kaum vollständig analysieren lässt.
Ausgerechnet das so subjektive Riechorgan des Menschen, die Nase, spielt eine zentrale Rolle bei der objektiven Bewertung von Gerüchen. Binnen Millisekunden entscheidet das Riechzentrum, ob ein Geruch als angenehm, neutral oder störend empfunden wird.
Nicht minder wichtig ist die Testapparatur, ein sogenanntes Olfaktometer. Sie mischt Probenluft mit geruchsneutraler Luft in festgelegten Anteilen. Die aufbereitete Luft wird von einem speziell geschulten Prüferpanel am Olfaktometer eingeatmet. Die Prüfer melden sich mittels Taster, wenn sie den Geruch wahrnehmen. Gewusst wie, lässt sich aus den gemittelten Rückmeldungen von mindestens vier Prüfern die Geruchskonzentration berechnen – und damit objektiv klären, ob der Geruch noch unter oder schon über der Grenze zur Belästigung liegt. Die Frage, um die sich alles dreht: Nehmen die Prüfer den Geruch wahr? Und wenn ja, ab welcher Konzentration?


Gerüche zerfallen schnell – deshalb ist exzellente Organisation gefragt
Ein weiterer Knackpunkt bei der professionellen Geruchsmessung: Prüfer-Panel und Olfaktometer sowie der Ort der Probenentnahme dürfen geografisch nicht zu weit auseinander liegen. „Da Geruchsstoffe chemisch instabil sein können, oder mit anderen Stoffen reagieren, sind die Proben innerhalb von sechs Stunden auszuwerten“, erklärt DEKRA Experte Mahlberg.
Aufgrund der normativen Vorgaben ergeben sich Herausforderungen für die Projektplanungen. So sind folgende Aspekte in die Zeitplanung mit einzubeziehen: Die Probenahme vor Ort beim Kunden dauert etwa zwei Stunden und setzt sich aus mindestens drei Einzelproben zusammen. Jede Probe wird dann in drei einzelnen Durchgängen verrochen, daraus wird ein Mittelwert gebildet. Die Analyse einer Geruchsprobe durch das Prüfer-Panel und den Versuchsleiter dauert etwa 30 Minuten. Somit ergeben sich zwei Möglichkeiten für Projektplanung und Ausgestaltung von Probenahme und Auswertung: Entweder wird die Probe zügig zu Prüfer-Panel und Olfaktometer gefahren. Oder der Einsatz von Panel und Olfaktometer erfolgt in der Nähe des Ortes der Probenentnahme in einem geruchsneutralen Raum.
Doch damit sind die Unwägbarkeiten nicht zu Ende. „Vor dem eigentlichen Test müssen die Prüfer noch ‚kalibriert‘ werden“, sagt Mahlberg. Dabei kommt n-Butanol zum Zug. „Der Stoff wird in Geruchsschwellenmessungen als international standardisierter Referenzstoff verwendet, um die Empfindlichkeit von Personen für Gerüche objektiv und vergleichbar zu bestimmen“, erklärt Mahlberg. „Seine Geruchsschwelle ist wissenschaftlich gut bekannt und der Stoff variiert in seiner Wahrnehmung wenig.“ Dazu wird es in Luft in verschiedenen, exakt bekannten Konzentrationen präsentiert und geprüft, ab wann der Prüfer den Geruch sicher wahrnimmt.
Sicherheitshalber ist bei den Messungen immer auch ein fünfter Ersatzprüfer dabei. „Wenn jemand zum Beispiel verschnupft ist, darf er an diesem Tag aufgrund der strengen Regularien nicht ins Prüfer-Panel aufgenommen werden.“
Breites DEKRA Portfolio für professionelle Geruchsmessungen
Wenn bei Industrie- oder Gewerbebetrieben die regelmäßigen Emissionsmessungen anstehen, geht es in der Praxis selten nur um Gerüche. Auch chemische Gefahrstoffe, Partikel oder Staubbelastungen sind zu erfassen und zu bewerten. „Das spielt uns als Expertenorganisation durchaus in die Hände: Kunden bekommen bei uns Komplettlösungen zur Luftreinhaltung aus der sprichwörtlichen einen Hand.“ Im Zusammenhang mit der Luftreinhaltung ist DEKRA für professionelle Messungen von Emissionen und Immissionen in allen bekannten Stoffgruppen zugelassen – Partikel, gasförmige Stoffe wie Stickoxide und Stoffe mit hohen Anforderungen an die Probenahme (Dioxine, Asbest) sowie Gerüche.